Stimmt euch endlich ab!

Der Eurodistrikt Straßburg-Ortenau fordert ein einheitliches Vorgehen in der Covid-Krise mit praktikablen Ausnahmeregelungen für Grenzpendler. Nun sind die Regierungen gefordert.

Strasbourg (Jeanne barseghian) und die Ortenau (Frank Scherer) Hand in Hand - so muss die Zukunft am Oberrhein aussehen! Foto: (c) Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau

(KL / PM) – Angesichts der neuen Einreiseregelungen in Frankreich und der in den nächsten Tagen denkbaren und eigentlich auch wahrscheinlichen Einstufung Frankreichs als Hochinzidenzgebiet durch das Robert-Koch-Institut und der damit zusammenhängenden Verschärfung der Voraussetzungen für einen Grenzübertritt sowie die Wiedereinführung von Kontrollen, zeigen sich Frank Scherer, Eurodistriktpräsident und Landrat des Ortenaukreises, und seine Kollegin Jeanne Barseghian, Eurodistrikt-Vizepräsidentin und Oberbürgermeisterin der Stadt Straßburg, besorgt über die negativen Auswirkungen für das Leben im Eurodistrikt Straßburg-Ortenau.

„Wir stehen leider erneut vor schwerwiegenden Einschnitten in die grenzüberschreitende Lebensrealität der Menschen in unserer Region, die organisatorisch und finanziell, aber auch zwischenmenschlich enorme Probleme mit sich bringen. Ich sehe die aktuelle Entwicklung daher sehr kritisch“, so der Landrat und Eurodistrikt-Präsident. „Mit der momentanen 24-Stunden-Regelung war eine gute und pandemieverträgliche Basis gefunden, die den Alltagsrealitäten in unserem Grenzgebiet entspricht. Sie nun zu kippen bedeutet einen Rückschritt“.

Die neuen Einreisebestimmungen in Frankreich sind zwar bereits verschärft worden, sie sehen aber für Grenzpendler und Bewohner der Grenzregion Ausnahmen vor. Scherer und Barseghian appellieren nun an die verantwortlichen Instanzen in Deutschland, diese ebenfalls festzulegen: „Wir haben keinerlei Hinweise, dass der Grenzverkehr ein besonderer Treiber der Pandemie ist. Es macht keinen Unterschied, ob beispielsweise eine Krankenpflegerin aus Gambsheim nach Kehl oder aus Rheinau nach Kehl zur Arbeit ins Ortenau Klinikum pendelt. Der Grenzverkehr in einer zusammengewachsenen Grenzregion ist etwas anderes, als wenn beispielsweise ein Deutscher aus Stuttgart zum Skilaufen in die Alpen fährt. Kohärente Regelungen und Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung am ganzen Oberrhein wären wirksamer als Grenzkontrollen und eigentlich das geeignete Mittel der Wahl. Zudem brauchen wir die Mobilität dringend, wir haben viele Berufspendler, vor allem auch Beschäftigte in systemrelevanten Bereichen wie den Kliniken und Pflegeheimen. Zumindest aber muss es ein einheitliches, mit den französischen Regelungen inhaltlich abgestimmtes Vorgehen der drei deutschen Länder am Oberrhein bei der Frage der Grenzübertritts-Regelungen und der Kontrollen geben. Wir sind daher Frau Regierungspräsidentin Schäfer dankbar für ihren Einsatz in diesem Sinne. Die „Arbeitsgemeinschaft Gesundheit“ der Oberrheinkonferenz hat in dieser Richtung bereits wichtige Vorarbeit geleistet.“

Im Übrigen sind sich beide Politiker einig, dass „die grenzüberschreitenden Instanzen und insbesondere die Eurodistrikte frühzeitiger informiert und in Entscheidungsfindungen besser einbezogen werden müssen“. Jeanne Barseghian: „Wir kennen die Lage und die grenzüberschreitenden Alltagsrealitäten vor Ort am besten und wissen, was realistisch umsetzbar ist“. Leider sei dies noch immer nicht konsequent der Fall: „Die lokalen Akteure und Politiker sind bedauerlicherweise noch immer die letzten in der Informationskette. Dabei sind sie es, die die Rückkopplung zu den Bürgerinnen und Bürgern und auch den grenzüberschreitenden Informationsfluss sicherstellen. Wir haben bereits im April letzten Jahres mit unserer Eurodistrikt-Resolution auf dieses strukturelle Problem hingewiesen, das nicht nur eine effiziente grenzüberschreitende Zusammenarbeit stark beeinträchtigt, sondern auch eine große Verunsicherung in der Bevölkerung hervorruft“, so Barseghian und Scherer weiter. „Es müssen Lehren aus den vergangenen Monaten gezogen werden: Wir brauchen in unserem grenzüberschreitenden Lebensraum eine gemeinsame Koordination und Kommunikation mit einheitlichen Ausnahmeregelungen für Pendler in beide Rheinrichtungen.

Für eine bessere Abstimmung der Maßnahmen sehen wir auch den deutsch-französischen Ausschuss für Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Pflicht und werden daher das Thema in der nächsten Sitzung am 11. Februar 2021 ansprechen“.

Die Stellungnahme von Jeanne Barseghian und Frank Scherer könnte deutlicher nicht sein und es wäre nun angebracht, würden die nationalen Instanzen auf die Rückmeldung des Terrains reagieren. Auch Kehls OB Toni Vetrano hat sich mit ähnlichem Inhalt zu Wort gemeldet und die Situation vor Ort ist klar – die Verantwortlichen am Oberrhein fordern, völlig zu Recht, das ein, was die nationale Politik seit geraumer Zeit verspricht: eine enge Abstimmung, gemeinsame Entscheidungs-Strukturen und eine gemeinsame, deutsch-französische Perspektive für den Oberrhein. Jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt, diese Schritte zu gehen!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste