Straßburg ist sauer. Man liegt deutlich hinter Colmar.

Im Rennen um den Titel „Europas schönster Weihnachtsmarkt“ ist Straßburg vom Podium gepurzelt. Der erfolgsverwöhnte Touristenmagnet lässt immer mehr Federn.

Welchen Beitrag solche Stände zur weihnachtlichen Stimmung in Strasbourg leisten, ist auch nicht klar. Foto: Rama / Wikimedia Commons / CeCILL

(KL) – Die Brüsseler Tourismus-Organisation „European Best Destinations“ führt ein Ranking durch, bei dem die User dieser Plattform unter anderem für den schönsten Weihnachtsmarkt in Europa stimmen können. Die Auszeichnungen dieser Organisation hat man all die Jahre gerne mitgenommen, zumal Straßburg praktisch immer auf dem Podium stand, was natürlich ein wichtiges Tourismusargument ist. Kein Wunder, dass man „European Best Destinations“ auch als seriöse Tourismus-Organisation sehr wertschätzte. Doch diese Zeiten sind vorbei. Ab sofort ist aber „European Best Destinations“ für viele Verantwortliche der Stadt ein windiger Verein undurchsichtiger Lobbyinteressen und das Ranking im Grunde egal. Denn Straßburg ist auf Platz 5 abgerutscht. Platz 5 ! Und Colmar liegt auf Platz 2 hinter Dauersieger Zagreb.

Platz 5 für den Straßburger Weihnachtsmarkt, das ist ungefähr so, als würde die 4×100 Meter-Staffel Jamaikas bei den Olympischen Spielen auf Platz 5 eintrudeln. Das geht gar nicht! Eine Medaille ist das mindeste! Zu irgendetwas muss es doch nützen, wenn man Hauptstadt von allem ist – Europa, Menschenrechte, Humanismus und dieser ewig alte Weihnachtsmarkt, der älteste der Welt, der einzige, originale, echte, wirkliche – auf Platz 5? Da muss ein Irrtum vorliegen.

Aber vielleicht liegt ja gar kein Irrtum vor. Vielleicht gefällt den Touristen der Straßburger Weihnachtsmarkt nicht mehr so gut wie früher. Neben netten Ständen, teure Süßwaren aus Industrieproduktion, immer weniger echtes Kunsthandwerk, hohe Preise und alle paar Meter eine 4er oder 6er Patrouille Soldaten mit Maschinenpistolen vor der Brust. Die Zugänge der Stadt sind mit Betonquadern, Kontrollpunkten, Zäunen und quergestellten LKWs gesichert, was natürlich die einzig denkbare Antwort auf nachvollziehbare Sicherheitsfragen ist, aber hübsch, gemütlich, urig ist das alles nicht mehr.

Viele Touristen bevorzugen angesichts der massiven Sicherheits-Maßnahmen, die eher ein Gefühl unmittelbarer Gefahr als das einer gesteigerten Sicherheit vermitteln, eben die kleineren, authentischeren Weihnachtsmärkte in der Region. Und der besonders hübsche Weihnachtsmarkt in Colmar verdient es völlig, auf Platz 2 dieses Rankings zu stehen.

In Straßburg wird man das Konzept des Weihnachtsmarkts überdenken müssen. Dabei wird es schwierig werden, berechtigte Interessen der Sicherheit, der Händler, der Stadt und die Erwartung einer typisch elsässischen Weihnacht der Besucher unter einen Hut zu bringen. Doch muss man neue Wege finden, diese weihnachtliche und gemütliche Atmosphäre wieder aufleben zu lassen. Die ist nämlich leider abhanden gekommen. Weswegen Straßburg ja auch auf Platz 5 zurückgefallen ist.

Doch der Weihnachtsmarkt in Straßburg ist so alt und so traditionell, dass er sich auch von dieser kurzen Flaute erholen wird. Wenn man künftig vielleicht wieder etwas mehr an Weihnachten als an Rankings denkt, dann klappt das auch schnell wieder mit der Atmosphäre.

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