Straßburger Oper: Seele oder Vernunft? Beides!

Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ ab Mittwoch in der Rheinoper von Straßburg und Mitte April in Mulhouse.

Das Schicksal von Tristan und Isolde bewegt die Menschen seit jeher... Foto: Joseph Albert / Wikimedia Commons / PD

(Von Michael Magercord) – Am Mittwoch ist einmal wieder so weit: Wagner überschreitet den Rhein und seine Oper über die Auflösung der Grenzlinie zwischen Seele und Vernunft kehrt zurück nach Straßburg. Tristan und Isolde, die uralte Legende um Liebe und Tod, wurde im mittelhochdeutschen Versroman von dem elsässischen Dichter Gottfried von Straßburg im 13. Jahrhundert in ein klassisches Ritterepos gewendet. Von diesem Werk ließ sich Richard Wagner zu seiner Oper inspirieren.

Sein Libretto schrieb der Komponist im Züricher Haus seines größten Gönners, dem Schweizer Wesendonck, und wer weiss, vielleicht hat ihm ja seine ziemlich unangebrachte Liebesgeschichte zu dessen Ehefrau Mathilde zu einer wahren musikgeschichtlichen Revolution verholfen: Denn gleich im Auftakt wird der Bühnenraum durch ein von nun an als Tristan-Akkord benannten Mehrklang eine schwebende, sich auch in den folgenden knapp vier Stunden nicht mehr wirklich auflösende Spannung versetzt.

Genauso wie die verbotene Liebe, so soll die Muisk sein. Sie soll im Unbewußten mäandern und die Hörer in einen unauflösbaren Konflikt zwischen der Vernunft und den Wünschen der Seele stürzen: „Ich fürchte die Oper wird verboten, nur mittelmässige Aufführungen können mich retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen“, so der Komponist. Und der Baseler Professor Friedrich Nietzsche pflichtete ihm bei: Kein Werk der Künste verfüge über eine annähernd gleiche gefährliche Faszination einer schauerlichen und süßen Unendlichkeit, wie der wagnerische Tristan.

„Gesamtkunstwerk“ nannte Wagner seinen Wahnsinn, und seit den ernüchterten Zeiten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden seine Opern sogar in Bayreuth in die Werkstatt geschickt. Darin werden sie mittlerweile so sehr überholt, dass bei dem Versuch, der Unvernunft der Künste Herr zu werden, ihre Wirkung in abstrusen Regiegebährden verkümmert – manche davon gehörten tatsächlich besser verboten…

In Straßburg wird es so schlimm nicht kommen, dafür sorgt schon der Direktor der hiesigen Nationaloper, Marc Clameur. Der hat zwar seinen Rückzug aus dem Elsaß für das Jahr 2016 angekündigt, aber bis dahin wird das deutsche Regietheater nur in gezähmter Form über den Rhein schreiten. Ein Brite führt nun Regie – ob es die Bayreuth erfahrene Sängerin Melanie Diener und den Dirigenten Axel Kober freuen wird? Immerhin war der Letztere dabei, als in der vergangenen Saison die Inszenierung des Tannhäusers vorzeitig aus dem Programm genommen werden musste. Die Oper war vom Regisseur derart übel zugerichtet worden, dass es zum ersten Mal leere Plätze im Festspielhaus zu Bayreuth gab.

Letztlich wird auch der kleine, aber aktive Cercle Richard Wagner darüber wachen, dass Wagner hierzulande Wagner bleiben kann. Der Begründer der Vereinigung von Melomanen, Louis Oster, ist ein großer Förderer der Rheinoper, der sich erst durch Wieland Wagner davon überzeugen lassen musste, seinen Verein nach dem vermeintlich deutschesten der deutschen Komponisten zu benennen. Richard Wagner, so der Enkel des Komponisten, sei doch auch nur eine Etappe der Musikgeschichte, angesiedelt im Zentrum der zeitgenössischen Musik, auf halben Wege zwischen Monteverdi und Pendericki.

Da könnte man ihn und seine Opern auch ruhig einmal belassen, und immerhin ist die Chance groß, dass ab Mittwoch in der Rheinoper in Straßburg und später in der Filiatur in Mulhouse ein wagnerischer Wagner nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen sein wird, als auf der anderen Seite des Rheins überhaupt noch erlaubt wäre.

Tristan und Isolde, Oper in drei Akten (Länge ca. 3 Std. 35  Minuten)

In Strasbourg:
Mi 18. März 18.30
Sa 21. März 18.30
Di 24. März 18.30
Mo 30. März 18.30
Do 2. April 18.30

In Mulhouse in La Filature
Fr 17. April 18.30 Uhr
So 19. April 15 Uhr

Weitere Informationen und Karten unter:
www.operanationaldurhin.eu

Einen Vortrag von Christian Merlin (auf Französisch) zur Oper im Buchgeschäft Kléber in Straßburg gibt es am Di. 17. März, 18.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Der Cercle Richard Wagner findet sich im Netz unter:
www.cercle-richard-wagner.fr

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste