Straßburgs Krimi-Ermittler – „Kommissar Sturni“ von Stefan Böhm
Auch der Knaur-Verlag hat den Regionalroman für sich entdeckt. Autor Stefan Böhm lässt Kommissar Sturni als Leiter der Straßburger Mordkommission komplizierte Fälle lösen.

(Red) – Bereits im November 2018 hatte der Knaur Verlag einen neuen Ermittler ins Rennen geschickt: Kommissar Sturni, Leiter der Straßburger Mordkommission, der seit September dieses Jahres im zweiten Band – „Pariser Enthüllungen“ – erneut tätig wird. So kommt auch Straßburg zu seinem eigenen „Commissaire Dupin“ oder „Commissario Brunetti“ – Kommissar „Antoine Sturni“ eben.
„Straßburger Geheimnisse“ – Kommissar Sturnis erster Fall – Bei Kommissar Sturnis erstem Fall geht es um einen Mord im Europäischen Parlament in Straßburg, am Rande einer Gedenkfeier für den verstorbenen Bundeskanzler der deutschen Einheit. Ein illustres Setting, um einen Straßburger Ermittler einzuführen…
Die spannende Intrige im EU-Milieu wird für den Leser mit einem mentalen Bummel durch die Straßen und Gassen Straßburgs verknüpft, abgerundet mit einer Prise Stadtgeschichte und interessanten Hintergründen zu den Europäische Institutionen, da die Ermittlungen in die höchsten Ebenen der Europäischen Union führen.
Nicht untypisch für das Genre wartet der Autor mit allerlei persönlichen Anekdoten um den Hauptakteur der Geschichte auf. Der von einer „Midlife-Crisis“ geplagte Kommissar Sturni mag für den einen oder anderen Leser erhebliches Identifikationspotential haben. So plagen ihn ein eitler und arroganter Vorgesetzter, die Zerrissenheit zwischen der Liebe zu seinem Sohn, der in wöchentlichem Wechsel bei ihm und seiner Noch-Ehefrau lebt, und dem Aufbau einer neuen Beziehung, die als heiße Affäre beginnt und auch dienstlich allerhand Komplikationen mit sich bringt. Der erste Band war bereits ein gelungener Auftakt der neuen Krimiserie.
„Pariser Enthüllungen“ – Kommissar Sturnis zweiter Fall – Autor und Verlag überraschen, indem sie ihren neuen Straßburger Ermittler gleich beim zweiten Fall nach Paris entsenden. Damit wird dem gängigen und beliebten Genre des Regio-Krimis gleich ein bunter Farbtupfer hinzugefügt. Die immer gleichen Wege, Restaurants, Sprüche, Gewohnheiten – alles Fehlanzeige bei Kommissar Sturnis zweitem Fall – und das hat, wie man nach einigen Seiten merkt, auch viel Charme…
Der Ermittler bekommt es in Paris mit den Machenschaften der französischen Atomindustrie zu tun. Wie im ersten Teil bohrt der Autor ein dickes Brett, humorvoll und salopp erzählt werden das politische System in Frankreich und aktuelle politische Probleme wie Atomkraft, Migration und Wohnungsnot werden ebenfalls mit unter die Lupe genommen.
Trotz neuem Ermittlungsort bleibt sich Kommissar Sturni in einigen Bereichen treu, die Kriminalgeschichte wird mit den privaten Wirrungen des Kommissars verwoben, Besuch von seiner Frau Mama in Paris und eine mysteriöse neue Frau inklusive. Eingeflochten werden diesmal weitere Parallelgeschichten von zwei Migranten, die als Illegale in Paris über die Runden kommen müssen, wodurch der in erster Linie heiter daherkommenden Krimi auch zum Nachdenken anregt.
Und der dritte Band der „Sturni-Reihe“? – Kommissar Sturni hat das Potential, sich im hart umkämpften Krimimarkt zu behaupten; im zweiten Band wird dies noch deutlicher als im ersten. Ein Band 2 lässt auf einen Band 3 und weitere hoffen. Ob der elsässische Charakter des Ermittlers ihn zurück nach Straßburg führen wird, scheint offen, aber nicht ausgeschlossen. Ob das wünschenswert ist, ist Geschmacksfrage: Die Pariser Kulisse des zweiten Bandes zeigt, dass ein Ausflug in andere Teile Frankreichs durchaus seinen Reiz hat. Will der Autor aber – und da wären wir wieder bei Brunetti und Dupin – doch das klassische Regional-Krimi-Format bedienen, sollte er sich zurück ins Elsass begeben.
Übrigens: Ein Geheimnis lüfteten die „Straßburger Geheimnisse“ jenseits der eigentlichen Intrige auch. Auguste Tonnelier, dessen „Mord im Europäischen Parlament“ bereits im Frühjahr 2018 im Selbstverlag erschien, ist Stefan Böhm, ein Stuttgarter, der länger in Straßburg lebte und diese Stadt ganz offenbar sehr in seinem Herzen trägt. Schon im März 2018 hatte Eurojournalist gemutmaßt, dass Auguste Tonnelier nur ein Pseudonym ist – und wie so häufig lagen wir damit richtig…
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