Super-Castex rettet die Welt

Der französische Premierminister hat die Lösung gefunden – wir werden das Virus besiegen, indem wir es bei Wahlkampfveranstaltungen zu Tode langweilen!

Super-Castex auf dem Weg zu einer Wahlkampf-Veranstaltung, wo er das Virus bekämpfen wird. Bravo! Foto: Victor Valore from København Ø, Danmark / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Eigentlich hatten die meisten Franzosen am Montag damit gerechnet, dass die französische Regierung schärfere Covid-Maßnahmen verhängt. Doch dem war, trotz der weiterhin in Frankreich explodierenden Zahlen, nicht so. Aber das war auch gar nicht nötig, denn Jean „Oberlehrer“ Castex, der französische Regierungschef, hat den Königsweg gefunden, wie man dem Virus den Garaus machen kann – es reicht, das Virus bei Wahlkampfveranstaltungen zu Tode zu langweilen. Denn Jean Castex weiß etwas, das wir alle nicht wissen – das Coronavirus ist absolut unpolitisch und stirbt bei Wahlkampfveranstaltungen einen langsamen Tod der Langeweile.

Ein Meisterstück des Premierministers! Während so sinnvolle Maßnahmen getroffen werden, wie dass man in Bars und Restaurants nur im Sitzen konsumieren darf (was natürlich alle Sternerestaurants hart trifft, wo es die Gäste gewohnt sind, ihr Menü im Stehen zu verdrücken…), während „nur“ noch 5000 Zuschauer bei Sportveranstaltungen im Freien und 2000 in geschlossenen Räumen erlaubt sind (natürlich im 2G-Format), gelten für die momentan zahlreich stattfindenden Wahlkampfveranstaltungen überhaupt keine Beschränkungen. Weder muss man geimpft sein, noch stört es die Regierung, wenn sich bei diesen Veranstaltungen 10.000 bis 20.000 Anhänger der jeweiligen Kandidaten um den Hals fallen, gröhlen und singen.

Und hier erkennt man die ganze Genialität der französischen Regierung. Denn Super-Castex hat es als Erster verstanden: Bei Wahlkampfveranstaltungen setzt sich das Virus brav in die letzte Reihe, stört niemanden und schläft irgendwann ein und stirbt. Das Blabla der Kandidaten und Kandidatinnen ist Gift für das Virus, das sich gegen Impfstoffe und Barriere-Gesten durchsetzen kann, nicht aber gegen das einschläfernde Geschwätz derjenigen, die sich gerade zum xten Mal um das höchste Staatsamt bewerben und offenbar selbst daran glauben, dass sie so etwas wie Hoffnungsträger sind. Doch der einzig wahre Hoffnungsträger in Frankreich ist Super-Castex, der Mann mit Durch- und Weitblick, der Politiker, der begriffen hat, wie man dem Virus beikommt. Es reicht, es in die Wahlkampfveranstaltungen zu locken und dann war’s das mit Delta und Omikron.

Ging zuerst ein Aufschrei durch Frankreich, wo man nicht verstand, warum wieder alles eingeschränkt wird, aber umgekehrt bei Wahlkampfveranstaltungen alles erlaubt ist, beginnen die Franzosen nun, die Genialität ihrer Regierung zu verstehen. Der einzig sichere Ort in Frankreich sind eben weder Restaurants, noch Geschäfte, noch die eigene Wohnung, noch Stadien, sondern große, geschlossene Hallen. Dabei ist entscheidend, was in diesen Hallen passiert. Würde man in einer solchen Halle beispielsweise einen Flohmarkt organisieren, wäre das hochgefährlich, denn das Virus interessiert sich sehr für Sammler und alte Objekte. Wenn aber in der gleichen Halle eine Wahlkampfveranstaltung stattfindet, ist das etwas ganz anderes und die Halle wird für das Virus zur tödlichen Falle.

Mit der Entscheidung, für Wahlkampfveranstaltungen keinerlei Einschränkungen zu verhängen, verdienen sich die Castex, Véran und Macron eigentlich einen „Querdenker-Orden“. Aber eben nur, wenn man zu blöde ist, die göttliche Eingebung hinter dieser Entscheidung zu verstehen. Jean Castex ist auf dem besten Weg in die Geschichtsbücher, als der Mann, der das Virus im Alleingang besiegt hat. Und statt des Impfzwangs werden wir in Frankreich Anfang des Jahres sicher etwas ganz anderes bekommen – den „Wahlkampf-Pass“, mit dem man nachweisen muss, dass man an einer definierten Anzahl Wahlkampfveranstaltungen teilgenommen hat. Denn diese Teilnahme wird nun das Element werden, anhand dessen man „gute“ und „schlechte“ Franzosen definiert. Also, auf in die großen Hallen, wo Zehntausend Menschen singend das Virus besiegen werden. Danke, Super-Castex!

2 Kommentare zu Super-Castex rettet die Welt

  1. Na also Herr Littmann, jetzt seien Sie doch mal richtig froh, dass die Corona Maßnahmen nicht europäisch harmonisiert sind.

    Guten Rutsch

    • Das ist jetzt aber mal Sarkasmus auf höchstem Niveau! Danke für einen herzhaften Lacher und eher ernsthaft, danke für Ihre hinterfragenden Kommentare! Sie gehören zu den Lesern, mit denen wir uns sehr gerne austauschen – Ihnen auch einen guten Rutsch ins neue Jahr und ein möglichst gutes und glückliches 2022!

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