Super – wir finanzieren Putins Krieg weiter

Während die Letzten, die sich noch trauen, das Wort „Frieden“ in den Mund zu nehmen, als „Putin-Freunde“ verunglimpft werden, finanzieren wir weiter Putins Krieg.

Dieser Teil der „Druschba“-Pipeline befindet sich in der Ukraine, in der Nähe von Lviv. Foto: Водник at Russian Wikipedia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Na, das ist doch mal eine tolle Nachricht: Wir bekommen wieder Öl aus dem Osten, der die Raffinerie Schwedt in Ostdeutschland versorgt. Klar, das Öl kommt nicht mehr aus Russland, sondern aus Kasachstan, doch muss es Tausende Kilometer über die Pipeline „Druschba“ quer durch Russland transportiert werden, wofür Russland natürlich ordentlich Durchleitungsgebühren kassiert. Und wieder haben wir einen Weg gefunden, die von uns verhängten Sanktionen zu unterlaufen und dafür zu sorgen, dass Putins Krieg weiter finanziert wird und ja nicht zu schnell aufhört. Da stellt sich doch die Frage, wo die wirklichen „Putin-Freunde“ sitzen? Sind es diejenigen, die Verhandlungen fordern oder diejenigen, die diesen Krieg weiter auf beiden Seiten finanzieren?

Unsere Geschäftspartner im Osten sind nun KazTransOil, der kasachische Pipeline-Betreiber, in Russland ist wie immer Ansprechpartner der Staatskonzern Transneft und das Öl kommt in der Raffinerie Schwedt an, die zwar momentan unter Treuhand-Verwaltung steht, aber immer noch zu 54 % dem russischen Staatskonzern Rosneft gehört. Business as usual. Doch dieses immer häufiger beobachtete Umgehen der eigenen Sanktionen wirft ein schräges Licht auf diejenigen, die angeblich „Russland in die Knie zwingen“ und „auf dem Schlachtfeld“ entscheiden wollen, wobei viele von denen, die solche Begriffe verwenden, vermutlich noch nie ein Geschichtsbuch geöffnet haben und „Krieg“ nur aus Videospielen kennen, wo man am Ende, wenn man alle Leben verloren hat, einfach eine neue Partie startet.

Schade, dass die Galionsfiguren der winzigen Friedensbewegung in Deutschland ausgerechnet Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer heißen, die sich prächtig als Reizfiguren eignen, nicht aber dazu, die Menschen zum Nachdenken darüber zu bringen, was „Krieg“ überhaupt bedeutet. Dass Frau Wagenknecht im Fernsehen darauf hinweist, dass Vergewaltigungen in Kriegen seit Menschengedenken zu den Verbrechen gehören, die systematisch als Kriegswaffe eingesetzt werden und dass es den „edlen und fairen“ Krieg nicht gibt, reicht inzwischen schon für einen Shitstorm. Dabei ist an ihrer Aussage nichts falsch – wer Krieg und Schlachtfeld will, der muss sich darüber klar sein, dass es dabei eben nicht „ritterlich“, sondern „verbrecherisch“ zugeht. So war es in allen Kriegen, so wird es in allen Kriegen sein und die Tatsache, dies zu sagen, macht aus Sarah Wagenknecht weder eine „Putin-Freundin“ noch eine „5. Kolonne“.

Aber noch viel schwerwiegender ist, dass schon gar keine echte Diskussion auf Grundlage von Realitäten stattfindet. Der Westen ist nicht etwa dabei, „Russland in die Knie“ zu zwingen, sondern finanziert weiter Putins Kriegskasse. Da könnte man Annalena Baerbocks etwas weltfremden Satz „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der der Stärkere über den Schwächeren herrscht“ (was in praktisch allen Lebensbereichen seit Menschengedenken der Fall ist) umwandeln in „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der wir einen brutalen Krieg für beide Kriegsparteien finanzieren, damit er ja nicht zu schnell aufhört“.

Die sozialen Netzwerke brodeln vor Beschimpfungen, Beleidigungen und Hysterie. Und es fällt immer wieder auf, dass es nach wie vor keine europäische Strategie für diesen Krieg gibt, sondern nach wie vor nur realitätsferne Slogans.

Aber was für einen Grund sollte Putin haben, sich auf Verhandlungen einzulassen? Er hat die Rückendeckung des größten Staatenbundes der Welt, der BRICS-Organisation, die ein gutes Drittel der Weltbevölkerung darstellt und die der Westen noch nie richtig wahrgenommen hat, dazu arbeitet der Westen munter daran, die eigenen Sanktionen zu unterlaufen, womit man den Krieg für Russland weiter finanziert. In einer solchen Situation, in der Ost und West Putins Russland immer weiter stärken, kann Putin in Ruhe abwarten und sich darüber freuen, dass die EU in der Frage des Ukraine-Kriegs völlig uneins ist.

Polen hatte bis vorgestern einen eigenen Liefervertrag für russisches Öl, doch hat Russland nun den Hahn für Polen zugedreht. Ungarn bezieht weiterhin russisches Öl und beteiligt sich ebenfalls nicht an diesem Boycott. Und eine Raffinerie in russischem Besitz in Ostdeutschland verarbeitet wieder Öl, das aus der russischen Pipeline kommt, über die es aus Kasachstan gepumpt wurde. Dazu kauft Europa weiter russisches Öl, das eben jetzt über die Türkei und Indien zu uns gelangt. Doch wie will Europa in diesem Konflikt eine Rolle spielen, wenn man so zerstritten und uneins auftritt? Wieso weigert sich die EU, eine realistische Strategie zu entwickeln, die aus mehr bestehen muss als aus Videokonferenzen, bei denen man gelegentlich Zelensky zujubelt und begeistert schreit, dass noch dieses Jahr die russische Armee aus der Krim und dem Donbass vertrieben sein wird?

Sollte es Putin nicht nur darum gehen, die ehemaligen Sowjetrepubliken unter seine Kontrolle zu bekommen, sondern gleichzeitig auch den Westen zu spalten, dann ist er leider auf dem richtigen Weg. Dass sich die EU darauf beschränkt, gedankenlos die Strategien unserer „amerikanischen Freunde“ nachzuplappern und lieber darauf verzichtet, eine eigene Strategie zu erarbeiten, ist ein Fehler, der noch sehr teuer werden könnte.

Aber immerhin gibt es ja heute eine gute Nachricht – es kommt wieder Öl aus der russischen Pipeline „Druschba“ nach Deutschland. Und „Druschba“ heißt sinnigerweise auf Russisch „Freundschaft“…

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