Syrien: Mit Bashir Al-Assad darf man nicht einmal reden

Den Nahen Osten versteht niemand mehr. Jetzt, wo die islamistischen Fundamentalisten der IS auch in Syrien die Oberhand gewinnen, bietet sich der Diktator als Helfer des Westens an.

Bashir al-Assad, der sein eigenes Volk bombardierte und vergaste, bietet sich nun als Helfer des Westens an. Widerlich. Foto: upyernoz, Haverford, USA / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Dass Kriegszeiten wirre Zeiten sind, das ist jedem klar. Dass in solchen Kriegen wie im Nahen Osten auch seltsame Konstellationen entstehen, ist ebenfalls klar. Doch dass sich der syrische Diktator Bashir al-Assad jetzt als Helfer für den Westen im Kampf gegen die IS anbietet, ist im Grunde ein beschämender Witz. Noch beschämender wäre es allerdings, wenn die westliche Welt auf dieses unmoralische Angebot einginge.

Dabei gehörte al-Assad zu denjenigen, die im Nahen Osten Feuer an die Lunte des Pulverfasses gelegt hatte. Assad war derjenige, der seine Opposition gnadenlos verfolgte, vergaste und anderweitig tötete. Assad war derjenige, der Städte wie Homs bombardieren und aushungern ließ. Assad war letztlich der Grund, warum die IS in Syrien so stark werden konnte. Und nun hofft Assad darauf, dass ihm der Westen den Hintern rettet, denn sollte die IS in Syrien noch stärker werden und auf Damaskus zumarschieren, dann kann Assad nur noch das Land verlassen. Wenn er mehr Glück hat als Saddam Hussein oder Muammar Ghaddafi.

So abstrus es klingen mag, Assad und der Westen haben momentan eine deckungsgleiche Interessenslage. Die marodierenden IS-Banden, die töten, vergewaltigen, Angst und Schrecken verbreiten, gewinnen vom Norden des Iraks bis tief hinein nach Syrien täglich mehr Einfluss. Der Flächenbrand eines mittelalterlichen islamistischen Fundamentalismus, der noch dazu von der IS völlig falsch interpretiert wird (oder steht irgendwo im Koran, dass man Massenvergewaltigungen und barbarische Hinrichtungsrituale abhalten soll?), bedroht die gesamte Region und könnte sich schnell auch auf andere instabile Länder wie Pakistan oder Afghanistan ausweiten.

Ebenfalls Besorgnis erregend ist der Umstand, dass von den geschätzten 50.000 IS-Kämpfern rund 20.000 aus Europa und dem Rest der Welt stammen sollen. Hier bildet sich gerade eine „islamistische Internationale“, deren Kämpfer dafür ausgebildet werden, auch in anderen Ländern brutalste Anschläge durchzuführen. Dass man dagegen vorgehen muss, steht außer Frage. Ebenso wie die Tatsache, dass Bashir al-Assad, der Schlächter seines eigenen Volks, weder Ansprechpartner noch Verbündeter sein kann und darf. Hatte nicht Barack Obama erklärt, Assad habe „eine rote Linie“ überschritten, als er Tausende Menschen mit Giftgas tötete. Dass Assad heute noch in Amt und Würden ist, verdankt er ausschließlich der schützenden Hand von Wladimir Putin – was wenig verwundert, denn beide scheinen eine sehr ähnliche Auffassung des Konzepts „Macht“ zu vertreten.

So schwierig und undurchsichtig die Situation im Nahen Osten auch ist – kein westlicher Politiker darf die Sirenengesänge des inzwischen stark gefährdeten Assad erhören, nicht einmal für Sondierungsgespräche. Mit seinen Angriffen auf die eigene Bevölkerung hat sich Assad weltweit ins Abseits gestellt – sein Platz ist daher nicht am Verhandlungstisch, sondern vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

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