Tag der Offenen Tür: 18.000 Menschen im Europäischen Parlament

Wie jedes Jahr strömten die Menschen am Tag der Offenen Tür ins Europäische Parlament. Nur die Abgeordneten nicht. Wie jedes Jahr.

Die Menschen interessieren sich sehr für Europa. Noch. Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL) – Da diskutieren sie darüber, ob man Wählen nicht zur Pflicht machen sollte, Nichtwähler wie Falschparker bestrafen – und dann verpassen unsere Europapolitiker immer wieder diese großartige Gelegenheit des „Tags der Offenen Tür“ im Europaparlament, um einen echten Dialog mit den Menschen zu führen. Als ob das Konstrukt Europa noch Jahre oder Jahrzehnte Zeit hätte, gemütlich einen solchen Dialog zu etablieren. Sei’s drum – wie jedes Jahr kamen um die 18.000 Menschen am Samstag ins Parlament und jagten dort weniger nach Informationen, als nach den zahlreichen Gadgets, die dort von der Fraktionen, dem Europapark und anderen großzügig verteilt wurden. Ist das die Zukunft Europas? Das Sammeln von Aufklebern, Bonbontüten, Luftballons und Regenschirmen?

Man darf nicht unfair sein – es gibt sie, die Europaabgeordneten, die Jahr für Jahr ins Parlament kommen und auch durchaus für das eine oder andere Gespräch offen sind. Doch sie sind leider in der Minderheit. Wo sind die anderen 700 ihrer Kolleginnen und Kollegen an einem solchen Tag? Ist der Dialog mit den Menschen wirklich so unwichtig? Meinen Europapolitiker wirklich, dass man Europa auch ohne seine Menschen managen kann und soll?

Vielen mag es reichen, einmal im Jahr mit prall gefüllten Plastiktüten aus dem Parlament zu kommen, doch vielen anderen reicht das nicht. Dabei wäre genau dieser Tag eine großartige Gelegenheit für einen echten Dialog, den Europa heute dringender braucht als je zuvor. Dass der Graben zwischen Politik und Bevölkerung inzwischen abgrundtief geworden ist, das erkennt man auch an einem solchen Tag, an dem 20.000 Menschen ihr Interesse an den europäischen Institutionen bekunden, während die handelnden Akteure der Europapolitik in ihrer erdrückenden Mehrzahl den Termin ungenutzt verstreichen lassen.

Tag der Offenen Tür – das klingt nach Offenheit, nach Transparenz, nach Austausch – doch wo waren die Debatten zur Flüchtlingspolitik, zu Griechenland, zur Ukraine, zur Sicherheit, zum TTIP, zur Austerität? Die Menschen mit Gewinnspielen für Eintrittskarten in den Europapark abzuspeisen, während die Damen und Herren Abgeordneten lieber ein langes Wochenende daheim verbringen, das kann es doch auch nicht sein…

Das Interesse der Menschen für Europa ist noch da. Noch. Das kann sich aber sehr bald ändern. Schon diese Woche mit den Wahlen in Großbritannien, bei denen als Ergebnis unter anderem ein Referendum herauskommen könnte, bei dem sich 2017 die Briten für einen Ausstieg aus der EU entscheiden könnten. Oder durch eine weitere Verschärfung der Krise in Griechenland. Da wäre ein intensiverer Austausch zwischen Politikern und Bürgern vielleicht sinnvoller gewesen, als die Jugendorganisationen der Parteien Schlüsselanhänger und Kugelschreiber verteilen zu lassen. Was dann am Ende die Frage aufwirft, wie es eigentlich um das Interesse der hohen Politik an Europa und den europäischen Bürgern aussieht…

1 Kommentar zu Tag der Offenen Tür: 18.000 Menschen im Europäischen Parlament

  1. Ja, “das Interesse für Europa ist noch da”. Aber bleibt es jung und munter ? Zwar können uns kleine Dinge an die Hauptsachen erinnern ; aber wie könnten wir uns vom Wichtigsten nicht zerstreuen oder entfernen lassen ? “EurOpa” heisst (wie ein Name und ein Befehl) “Weite-Sicht” : lasst uns miteinander für das immer dringende Gemeinwohl – sogar trotz unserer Sprachenschwierigkeiten – neu schauen, wirken und schaffen !
    En retournant dans ma langue maternelle, je dirais volontiers : Oui, “l’intérêt pour l’Europe est encore là”. Mais reste-t-il jeune et vif ? Certes, de petites choses peuvent nous remémorer celles qui sont capitales. Mais comment éviter de nous laisser distraire, éloigner, du plus important ? Le nom d’EurOpe sonne comme un ordre : (“heissen” comporte en allemand le double sens intraduisible de la dénomination et du commandement !) : Large-Vue. Partons ensemble, en dépit de nos obstacles linguistiques, vers un regard, une action et une création neufs : axés sur le bien commun toujours pressant.

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