Telearbeit – ein Dauerbrenner-Thema…

Bereits zum siebten Mal seit Beginn der Pandemie sprechen wir mit Felix Braun, dem Direktor der Universalschlichtungsstelle des Bundes in Kehl, über geänderte Vorschriften zum Thema Telearbeit.

Telearbeit und sanitäre Massnahmen - nicht immer einfach umzusetzen. Foto: privat

(KL) – In unseren bisherigen Gesprächen mit Felix Braun, dem Direktor der Universalschlichtungsstelle des Bundes in Kehl, haben wir uns öfters gefragt, wie die sich schnell ändernden gesetzlichen Vorschriften zum Thema Telearbeit von Nicht-Juristen überhaupt verstanden werden können. Dennoch wollen wir versuchen, die Situation auch weiterhin im Blick zu behalten. Interview.

Felix Braun, das ist heute unser siebtes Interview zur Telearbeit – seit Montag gilt aber die bis dahin geltende gesetzliche Home-Office-Pflicht nicht mehr. Wie ist das nun bei Ihnen, angesichts der am 20.3. in Kraft getretenen neuen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung?

Felix Braun: Eigentlich ändert sich bei uns dadurch nur wenig. Zum einen ist zwar in der Tat die Pflicht zum Home Office aufgehoben, aber nach der Verordnung muss der Arbeitgeber prüfen, ob die Beschäftigten im Fall von Büroarbeit diese in ihrer eigenen Wohnung ausführen können, um gegebenenfalls dadurch ein besseres Schutzniveau zu bieten.

Zu anderen haben wir in Vorbereitung auf diese absehbare Neuerung mit allen Beschäftigten Vereinbarungen getroffen, die mobiles Arbeiten fern des Büros ermöglichen. Anordnen hätte ich es nicht mehr können.

Heißt das, dass alle ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen permanent von zuhause aus arbeiten?

FB: Nein, das geht bei bestimmten Tätigkeiten auch nicht. Im Übrigen können täglich so viele Personen hereinkommen, wie es einzelne Büroräume gibt. Dort sitzt man dann ganz überwiegend alleine. Trotzdem ist das etwas anderes als nur Home Office. Mit Maske und Abstand kann man mal kurz im Büro nebenan vorbeischauen oder für eine Besprechung eine Runde im Freien drehen. Denn bei aller Kontaktreduzierung ist es gut und wichtig, sich persönlich zu sehen, und zwar alle Teammitglieder. Daher müssen auch alle Teammitglieder in bestimmten Abständen ins Büro kommen. So sehen sich immer wieder andere wieder. Ansonsten gibt es regen elektronischen Austausch.

Die Verordnung erlaubt insgesamt mehr „fine tuning“ auf die spezifische Situation im Betrieb und je nach dem örtlichen Infektionsgeschehen. Da das gerade hoch ist, haben wir viel von dem beibehalten, was vorher galt – insgesamt, nicht nur in Hinblick auf die Telearbeit.

Sind die neuen Änderungen also leicht umzusetzen?

FB: Naja, vieles kommt eben erneut gedanklich auf den Prüfstand und alles muss bewertet werden. Das ist schon einige Arbeit, auch wenn sicher mittlerweile eine gewisse Routine da ist. Aber ermüdend ist es schon, sich immer wieder damit auseinanderzusetzen und nicht einfach zum normalen Modus zurückkehren zu können, als Arbeitgeber ebenso wie für die Beschäftigten. Klagen hilft hier aber nicht, es muss eben sein, zum Wohle aller. Und da ziehen bei uns alle an einem Strang, mit Geduld, auch wenn die Situation natürlich nervt. Für diese Besonnenheit und Ausdauer bin ich allen ausgesprochen dankbar.

Normaler Modus – was wäre das denn bei Ihnen? Alle wieder in Präsenz?

FB: Es gibt mittlerweile, wie wahrscheinlich überall, absolute Home-Office-Fans bei uns und solche, die es –zumindest in größerem Umfang– fast schon beklemmend finden. Und solche, bei denen es dazwischen liegt. Toll finde ich, dass sich auch die, für die das Home Office eher Last als Lust ist, ihm nicht vollkommen verweigern – was sie ja rechtlich nun wieder gedurft hätten. Aus Solidarität, aus Verantwortung. Und umgekehrt drehen die im überwiegenden Home Office bei uns natürlich auch nicht Däumchen. Die Zahlen im Jahr 2021 waren ähnlich wie in Vorjahren: 2.350 Schlichtungsanträge und mehr als 8.000 Informationsanfragen – sie wurden ohne nennenswerte Zeitverzögerungen bearbeitet.

Aus dem allen werden wir zusammen für die Zukunft eine Balance finden. Allerdings halte ich persönliche Gespräche nicht nur für schön, sondern auch wichtig für die Arbeit und ein Team-Gefühl. Insbesondere wenn es darum geht, neue Ideen zu entwickeln. Das ist ganz wichtig. Manches entsteht einfach rund um einen Kaffee, auf dem Gang, am Mittagstisch. Es gibt tatsächlich Menschen, die sehr gut per Mail oder Chat solche kleinen Fragen stellen und Antworten geben – wie wenn man mal schnell zur Kollegin oder zum Kollegen laufen würden. Mir fällt das schwerer, ich gehe tatsächlich gern mal hier und dort vorbei und für mich ist das, da natürlicher für mich, auch effizienter.

Aber wir haben es alle zusammen gut gemeistert, deshalb wird das künftige Modell die Interessen aller berücksichtigten. Ich möchte aber schon jede Woche alle möglichst gleichzeitig wieder im Büro sehen, und nicht nur an einem Tag, wenn auch nicht an allen…

Klar ist aber auch: mit einer Öffnung zu dauerhaftem, jedenfalls partiellem Home Office, werden wir auch als potenzieller Arbeitgeber attraktiver. Da wir ohnehin einen hohen Digitalisierungsgrad haben -rund 90 % unserer Schlichtungsverfahren werden online geführt- bietet sich das an.

In vergangenen Interviews hatten wir es davon, dass Sie Grenzgänger im Team haben – ist hier gerade etwas zu berücksichtigen?

FB: Man muss immer das Steuer- und das Sozialversicherungsrecht im Auge behalten. Zurzeit gibt es aber Ausnahmen wegen der Pandemie. Aber in der Tat werden in Hinblick auf die Dauerlösung noch einige Fragen zu klären sein, bzw. ist es abzuwarten, ob es künftig auch jenseits der Pandemie Erleichterungen für mehr Telearbeit geben wird, ohne dass damit der Grenzgängerstatus entfällt oder die Sozialversicherungspflicht ab einer bestimmten Schwelle ins Wohnsitzland fällt. Hier wird sich zeigen, ob Vorschriften geändert werden. Der gesellschaftliche Druck dürfte im Grenzgebiet kommen, denn bestimmte Berufsgruppen haben nun gelernt, dass es auch andere Arbeitsmodi gibt und schätzen diese auch sehr.

Felix Braun, vielen Dank für dieses Gespräch und bis zur nächsten Änderung des Telearbeit-Status…

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