Telearbeit – und wieder ändern sich die Vorschriften…

Sechstes Interview mit dem Leiter der „Universalschlichtungsstelle des Bundes“ in Kehl, Felix Braun, der seit letztem Jahr zu einem echten Experten zum Thema „Telearbeit“ geworden ist.

Telearbeit - für die einen ist es so, für die anderen ist es anders... Foto: USS

(KL) – Die Telearbeit gehört zu den Pfeilern, mit denen die Pandemie bekämpft werden soll. Doch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind die ständigen Umstellungen durchaus eine Belastung. Bei der „Universalschlichtungsstelle des Bundes“ in Kehl hatte man sich bereits sehr früh auf diese geänderten Arbeitsbedingungen eingestellt und diese bisher beispielhaft gemanagt. Nun steht die nächste Änderung ins Haus. Interview.

Felix Braun, dies ist bereits unser sechstes Interview mit Ihnen zum Thema „Telearbeit“ in etwas mehr als einem Jahr. Sechs Änderungen des Arbeitsschemas in 14 Monaten – was für Anforderungen stellt das an Sie als Arbeitgeber?

Felix Braun: Natürlich ist es notwendig, die Maßnahmen immer an die aktuelle Risikolage anzupassen. Dafür habe ich volles Verständnis. Aber: Das kostet Zeit.

Zeit, sich mit neuen Regelungen auseinanderzusetzen, die wiederum auf andere Rechtstexte verweisen oder mit diesen im Zusammenhang stehen. Bei uns, da wir einige Grenzgänger.innen im Team haben, muss auch noch geschaut werden, was sich daraus ergibt, etwa in Hinblick auf eventuelle Testpflichten und Formalitäten beim Grenzübertritt, aber auch in Hinblick auf Sozialversicherung und Einkommenssteuer – zum Glück herrscht bei letzterem Thema schon seit längerer Zeit Sicherheit; im Auge behalten muss man es aber.

Zeit, gut zu kommunizieren, was sich wie und warum für das Team ändert.

Zeit, die Interessen des Teams zu erfragen und, soweit möglich, zu berücksichtigen.

Zugegeben, manchmal macht es müde – Arbeitgeber.innen und Arbeitnehmer.innen. Aber man muss sich in solchen Momenten immer vor Augen halten, dass wir es in vielerlei Hinsicht guthaben (z.B. weil sich unsere Arbeit gut digital organisieren lässt), dass wir bisher ohne einen Infektionsfall durchgekommen sind, dass alle bei uns stolz sein können, sämtliche Umstellungen gemeistert zu haben – und dass, obwohl wir gerade im letzten Jahr deutlich mehr Schlichtungsanträge hatten als sonst. Das motiviert.

Wie wirken sich die neuen Regelungen aus, die zum 1. Juli greifen?

FB: Ist das Home-Office bis zum 30.06. Pflicht, kann ab dem 1. Juli niemand mehr zum Home-Office gezwungen werden. Soweit die wichtigste Änderung der frisch angepassten Cov2-Arbeitsschutzverordnung. Allerdings wird bei uns auch weiterhin die Möglichkeit zu viel Home-Office stark genutzt werden. Das entspricht den Wünschen vieler und dem weiterhin geltenden Gebot der Kontaktreduktion. Umso mehr können diejenigen, die sich nach dem Büro sehnen, dorthin kommen – es lässt sich durch diese verschiedenen Interessen locker sicherstellen, dass nur eine Person in einem gut gelüfteten Büro sitzt und nach wie vor wenig im Büro los ist. Also alles ganz im Einklang mit § 3 der neuen Verordnung.

Wie erleben Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen diese permanenten Wechsel?

FB: Wie ich schon sagte, müde macht das ab und an alle. Um nicht immer nachsteuern zu müssen, hatten und haben wir relativ strenge Regeln, was dazu führte, dass wir diese etwas weniger oft ändern müssen, da unser Schutzniveau bisweilen auch über dem vorgeschriebenen Niveau lag. Ich habe den Eindruck, dass diese Stabilität allen eher gutgetan hat. Sicherheit hat es auch gebracht. Und deshalb muss man auch nicht immer alle Möglichkeiten neuer Regeln krampfhaft ausschöpfen. Zugebenermaßen ist das bei unserer Art der Arbeit – vor allem vom PC aus – leicht realisierbar, bei anderen Betrieben und Einrichtungen ist das ganz anders.

Wenn wir das richtig verstehen, handelt es sich bei dieser neuen Änderung also um eine Lockerung. In vielen Ländern, die deutlich vor Deutschland in den Impfungen liegen, werden die sanitären Maßnahmen gerade schon wieder verschärft, da sich die Delta-Variante ausbreitet. Wann müssen wir das siebte Interview führen?

FB: Optimismus sollte nie verboten sein, auch wenn wir vorsichtig bleiben – oder vielleicht gerade deswegen. Normalerweise gilt die neue Verordnung bis einschließlich 10.09.2021 und wir wollen zuversichtlich sein, dass bis dahin keine akuten Änderungen vorgenommen werden müssen.

Spannend wird aber sein, was sich dauerhaft bei uns ändern wird. Alle bei uns erleben das Thema Home-Office anders. Manche waren anfangs skeptisch und sind jetzt begeistert, bei anderen ist die anfängliche Euphorie gewichen und das Home-Office nervt nur noch. Wobei an der Stelle ein Dank an alle Mitarbeiter.innen gesagt werden muss: Alle haben immer mitgezogen und ihr Bestes gegeben, egal wie gerade die eigene Befindlichkeit war.

Auch wenn ich merke, dass ich noch ein viel größerer Fan von Büropräsenz bin als gedacht, wäre es etwas undankbar von mir, alle mit Ende der Pandemie sofort zu 100 % ins Büro zu ordern, nachdem alle jegliche Maßnahme klaglos mitgemacht und das Home-Office teilweise zu schätzen gelernt haben. Angesichts des großen Engagements des Teams der Universalschlichtungsstelle des Bundes habe ich auch keine Sorgen, dass dies zu Einbußen bei der Arbeit führt.

Es wird aber eine Herausforderung sein, nach einer Übergangsphase dauerhaft ein einheitliches, unkompliziertes Konzept zu finden, das allen Interessen bestmöglich gerecht wird. Dass sich alle aber wieder regelmäßig im Büro sehen, erscheint mir wichtig für die Gruppendynamik. Nicht zuletzt, weil wir als relativ junge Universalschlichtungsstelle des Bundes immer noch eine Art Pilotprojekt sind. Und gute Ideen, die uns weiterbringen, entstehen nicht selten auf dem Flur oder beim Kaffee. Solch spontaner Austausch fehlt. Aber auch in stillen Momenten im Home-Office kommen wegweisende Ideen. Der Mix wird es machen, aber wie der aussehen wird, das muss noch in Ruhe ergründet werden. Und auch hier müssen viele andere rechtliche Aspekte beachtet werden. Aber wir haben ja Zeit und gehen das Thema jetzt schon an: Alle sind aufgerufen, ihre Wünsche für die Post-Pandemie-Zeit einzubringen. Was sich machen lässt, werden wir sehen. Ich bin sicher, es wird etwas Gutes dabei herauskommen und die Lehren dieser besonderen Zeit werden fruchten. Auch ich habe viel dazugelernt.

1 Kommentar zu Telearbeit – und wieder ändern sich die Vorschriften…

  1. Je nachdem, worauf sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigen, darf im heimischen Arbeitszimmer oder auch mobil gearbeitet werden. Bei der Telearbeit ist der Arbeitnehmer entweder komplett oder teilweise zu Hause am eigens eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz tatig. Mobile Arbeitnehmer, die viel unterwegs sind, haben hingegen oft wechselnde Arbeitsorte. Auch wer kein hausliches Arbeitszimmer hat, kann die Heimarbeit im Homeoffice von der Steuer absetzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Heimarbeitsplatz in der Kuche untergebracht ist, oder im Flur. Denn mit dem Jahressteuergesetz 2020 erlaubt der Gesetzgeber Steuerzahlern, dass sie auch das improvisierte Homeoffice steuerlich geltend machen. Pauschal funf Euro fur jeden Kalendertag der Jahre 2020 und 2021 kann man fur das Homeoffice in die Steuererklarung eintragen, jedoch maximal 600 Euro.

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