Toll, wie gut die Propaganda-Maschine funktioniert

Rechtzeitig zu Beginn des G7-Gipfels schwenkten die großen Medien in Deutschland auf die Merkel-Linie ein - und fanden die blödsinnige PR-Veranstaltung plötzlich ziemlich alternativlos…

Wer solche Schilder aufstellt, befindet sich schon im Randbereich zum Terrorismus. Findet nicht nur die BILD-Zeitung. Foto: 1970gemini / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0

(KL) – Nach den Attentaten auf „Charlie Hebdo“ im Januar in Paris waren sich alle für ein paar Wochen lang einig, dass unabhängige Medien unheimlich wichtig seien – aber leider nur für ein paar Wochen. Wie unabhängig unsere Medien tatsächlich sind, merkte man in den letzten Tagen, als plötzlich führende landesweite und regionale Medien entdeckten, dass die um die 300 Millionen Euro teuere PR-Show in Schloss Elmau richtig klasse sei. Alternativlos, so kommentierte SPIEGEL Online in Anlehnung an ein berühmtes Merkel-Zitat. In ihren politischen Analysen überschlugen sich die Kommentatoren in linientreuem gehorsam und überboten sich gegenseitig mit leeren Worthülsen – so etwas nennt man nicht mehr Journalismus, sondern Propaganda.

Eine führende Regionalzeitung war der Ansicht, dass es eine richtig gute Sache sei, wenn sich so wichtige Länder die die USA und Deutschland zum „Zugpferd“ in Sachen Klimaschutz machen würden. Abgesehen davon, dass auf dem G7-Gipfel ohnehin nichts Verbindliches herauskommen wird, übersah der Kommentator dabei geflissentlich, dass die USA mit laxen Umweltbestimmungen die Umwelt verpesten, dass Deutschland nicht nur das höchst umweltschädliche Fracking erlaubt, sondern auch dafür verantwortlich ist, dass die EU keine schärferen Vorgaben für CO2-Emissionen einführen konnte – denn wenn es in Deutschland um die heilige Kuh der Automobilindustrie geht, dann interessiert der Klima- und Umweltschutz niemanden mehr. Außerdem machen Klimagespräche ohne China soviel Sinn, als wolle man den Weinbau neu organisieren, ohne dass dabei Frankreich und Italien mit am Tisch säßen.

Eine große landesweite Zeitung meinte, dass es doch eine gute Sache sei, dass diese wichtigen Leute gemeinsam reden würden. Aber das tun sie ohnehin ständig, ohne dass es dabei zu Ergebnissen käme – und diese Meinung verlor spätestens zu dem Zeitpunkt den Sinn, als Angela Merkel und Barack Obama verkündeten, dass man nicht über die NSA/BND-Abhörskandale reden wolle. Wozu aber 300 Millionen Euro verpulvern, wenn die wichtigen Themen ausgeklammert werden?

Geredet wird in Schloss Elmau aber darüber, was die Menschen nicht wollen – das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, dessen Umsetzung Angela Merkel mit Nachdruck betreibt, obwohl die Menschen dieses Abkommen mehrheitlich ablehnen. Denn die Menschen haben begriffen, dass mit diesem Abkommen das politische Leben in Europa faktisch in die Hände von amerikanischen Großkonzernen und Investment-Fonds gelegt wird. Nun könnte man argumentieren, dass dies bereits heute der Fall ist, doch warum das Ganze jetzt auch noch im Rahmen einer geordneten Kapitulation Europas vor dem Cowboy-Kapitalismus der Amerikaner festgeschrieben werden muss, das versteht außer denjenigen, die dieses unglückselige Abkommen betreiben und ein paar oberschlauen Kommentatoren, die diese Gelegenheit nutzen wollen, sich als linientreuer als linientreu zu präsentieren, niemand.

Andere große Tageszeitungen waren auch schnell dabei, den völlig überdimensionierten Polizeieinsatz den erwarteten Demonstranten gegen den G7-Gipfel in die Schuhe zu schieben. Tenor: „Gäbe es die bösen Demonstranten nicht, bräuchte man auch keinen solchen Sicherheitsaufwand“. Die Kanzlerin wird sich bei dieser Lektüre gefreut haben, doch dreht man hier die Tatsachen um. Zum einen gibt es ein im Grundgesetz verbrieftes Versammlungsrecht, das, wie es in einer Demokratie üblich sein sollte, auch Demonstrationen erlaubt und zum anderen sollte man einmal hinterfragen, warum eigentlich Kritiker dieser unanständig teueren PR-Veranstaltung pauschal verunglimpft werden. Nicht die Kritiker dieser Veranstaltung sind um Unrecht, sondern diejenigen, die 300 Millionen Euro für eine sinnentleerte Veranstaltung auf den Kopf hauen.

Diese meinungsmachenden Medien brauchen gar nicht mehr weiter mit dem Finger auf die Kreml-treuen russischen Medien zu zeigen – sie sind selber keinen Deut besser. Niemand zwingt diese Medien, in vorauseilendem Gehorsam diese Veranstaltung auch noch zu rechtfertigen, ein kleines bisschen Nachdenken hätte schon ausgereicht, diesen G7-Gipfel als das zu brandmarken, was er ist – eine eitle PR-Show für auf der ganzen Linie versagende Politiker, die überall auf der Welt Kriege führen, gegen ihre Völker arbeiten und gerade dabei sind, einen Ausverkauf unserer letzten funktionierenden Werte an die internationalen Großkonzerne zu betreiben. Eines haben diese Leute allerdings bereits geschafft – sie haben die führenden Medien auf ihre Linie einschwören können. Und niemand denkt mehr an „Charlie“.

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