Trauer um Simone Veil

Eine große Europäerin ist in Paris gestorben - Simone Veil. Foto: Marie-Lan Nguyen / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die Feierlichkeiten um die Beisetzung von Altbundeskanzler Helmut Kohl haben leider dafür gesorgt, dass der Tod einer der beeindruckendsten Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts kaum ein Echo fand. Simone Veil ist am Freitag in Paris gestorben.

Simone Veil wurde 1944 mit ihrer Familie von der Gestapo verhaftet und überlebte wie durch ein Wunder sowohl das Todeslager Auschwitz-Birkenau, als auch den „Todesmarsch“ vom KZ Auschwitz-Birkenau nach Bergen-Belsen.

Nach dem Krieg studierte sie Politikwissenschaften in Paris und startete eine am europäischen Ideal ausgerichtete politische Karriere. Unter Jacques Chirac und Raymond Barre war sie als erst zweite Frau Ministerin in einem französischen Kabinett und füllte ihr Amt als Gesundheitsministerin mit einer Revolution aus – sie erleichterte den Zugang zu Verhütungsmitteln und löste damit die sexuelle Revolution in Frankreich aus, die sie mit dem Kampf für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs konsequent weiterführte.

1975 schaffte sie es und das „Veil-Gesetz“ ebnete den Weg für ein neues Selbstbewusstsein der französischen Frauen, die Simone Veil sehr viel zu verdanken haben. Von der Ministerbank zog es sie in die europäische Politik – bei der ersten Europawahl 1979 zog sie ins Parlament ein und wurde dort zur ersten Präsidentin des Europäischen Parlaments.

Ebenso beeindruckend war ihr Kampf gegen den aufkeimenden rechtsextremen Front National, von dem sie selbst immer wieder angegriffen wurde und den sie auf einzigartige Weise abkanzelte.

In Deutschland wurde sie 2004 besser bekannt, als sie vor dem Bundestag zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus sprach.

In den letzten Tagen war viel von den Vätern Europas die Rede. Doch niemand hat von den Müttern Europas gesprochen. Diese Frau, Überlebende des Naziterrors, Kämpferin für die Rechte der Frau, der Demokratie und Europa, verdient es, in einem Atemzug mit Robert Schuman genannt zu werden. Und wenn irgendwelche Bauwerke nach einer großen Persönlichkeit bekannt werden soll, dann sollte man doch wohl eher an Simone Veil denken.