Traumjob für Wolfgang Schäuble

Als Präsident des 19. Bundestags kann sich Wolfgang Schäuble richtig nützlich machen. Als Nummer 1 im Parlament ist sein Job, die Rechtsextremen im Zaum zu halten.

Endlich, der erste "richtige" Titel für Wolfgang Schäuble! Foto: Aron Urb (EU2017EE) Estionian Presidency / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Er war in der deutschen Politik so etwas wie Bayer Leverkusen im Fußball. Immer top, immer nah dran, aber kein einziger Titel. Der ewige Zweite. Derjenige, der auf der Zielgeraden des sicher geglaubten Siegs beraubt wird. Wolfgang Schäuble hat ihn nun, seinen Nummer Eins-Hit – gestern wurde er zum Bundestagspräsidenten gewählt.

Zwar steht auf dem Nummernschild seines neuen Dienstwagens wieder nur die „2“, denn protokollarisch ist Wolfgang Schäuble nun die Nummer 2 im Staat, doch Bundestagspräsident ist ein ausgewachsener Titel und wenn man sieht, wie Norbert Lammert dieses Amt ausgefüllt hat, dann gibt es da ja durchaus Gestaltungsspielraum. Wolfgang Schäuble könnte an seinem neuen Amt wachsen.

Er war der designierte Nachfolger von Helmut Kohl. Doch dann musste er die Verantwortung für den Parteispendenskandal übernehmen, die eigentlich Kohl hätte tragen müssen, und flugs rutschte Angela Merkel in die Pole Position. Er war mehrfach designierter Bundespräsident und wäre es wohl auch gerne geworden. Einmal pfiff ihn Angela Merkel zurück, weil sie keinen anderen Finanzminister haben wollte, dann ging der Posten an einen SPD-Mann und jedes Mal hatte Wolfgang Schäuble das Nachsehen.

Doch jetzt, mit 75 Jahren, also in einem Alter, in dem für Schäuble beim besten Willen die Champions League nicht mehr drin ist, erhält sein Weglobe-Posten eine ganz neue Bedeutung. Denn zum ersten Mal seit über 70 Jahren sitzen Rechtsextreme im Reichstag und da sie, wie auch in den Länderparlamenten, nicht viel Konstruktives zum politischen Alltag beizutragen haben, werden sie sich auch im Bundestag auf Störmanöver und eine Flut sinnloser Anträge beschränken. Und hier muss der Herr des Hohen Hauses Wolfgang Schäuble die ganze Autorität seiner seit 1973 andauernden Präsenz im Bundestag in die Waagschale werfen – er muss dafür sorgen, dass die Rechtsextremen den demokratischen Prozess nicht behindern und sich wenigstens halbwegs vernünftig benehmen.

Jetzt ist er also endlich Nummer 1. Nicht Deutschlands, auch nicht der Regierung, aber immerhin des Bundestags. Herzlichen Glückwunsch!

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