Tschernobyl – heute vor 34 Jahren…

Heute vor 34 Jahren kam es zum GAU im Atomkraftwerk Tschernobyl. Ein trauriger Jahrestag, wenn man bedenkt, dass die Gefahr rund um Tschernobyl noch nicht gebannt ist.

Vom Satelliten aus gut erkennbar - rund um Tschernobyl wüten heftige Brände. Foto: NASA / PD

(KL) – Am heutigen 34. Jahrestag des Atomunfalls in Tschernobyl schaut die Welt gerade woanders hin, denn sie ist momentan mit dem Covid-19 beschäftigt, dem Virus, das die Welt in Atem hält. Gäbe es dieses Virus und seine katastrophalen Auswirkungen nicht, würde die Welt heute vermutlich aufmerksamer auf die seit Wochen in der unmittelbaren Nähe des alten Atommeilers wütenden Waldbrände schauen, die daran erinnern, dass die Gefahr selbst 34 Jahre nach einem solchen GAU noch nicht gebannt ist. Es besteht zwar kein Grund zur Panik, doch müssen diese gigantischen Wald- und Steppenbrände, die momentan ein Gebiet in der Größe von 16.000 Fußballfeldern bedecken, weiter aufmerksam beobachtet werden.

Die Brände lodern auch in den trockenen Wäldern rund um Tschernobyl und das ist aus zwei Gründen problematisch. Zum einen wirbeln die Feuer radioaktiv belastete Asche und Staub auf, die sich, wie auf dem Bild der NASA gut erkennbar, zu Wolken formen, die Cäsium-137 enthalten – das allerdings noch in einer geringen Konzentration. Zum anderen kämpfen gerade 1200 Feuerwehrleute darum, dass die Feuer nicht auf die Atommüll-Zwischenlager in der unmittelbaren Nähe des durch einen „Sarkophag“ abgeschotteten Katastrophen-Meilers übergreifen. Nach Angaben der ukrainischen Behörden sollen diese Zwischenlager zwar ausnehmend gut geschützt sein, doch wer glaubt schon den Erklärungen der ukrainischen Behörden? Diese hatten auch nach dem Ausbruch der Feuer mitgeteilt, es bestünde keinerlei Gefahr für die umliegenden Dörfer und Gemeinden…

Doch die geringen Konzentrationen in diesen radioaktiv belasteten Luftmassen stellen nach Auskunft der Behörden in Deutschland und der Schweiz übereinstimmend noch keine Gefährdung dar. Also muss man nun hoffen, dass die Feuer von diesen Zwischenlagern und natürlich dem Katastrophen-Meiler selbst ferngehalten werden können, denn sollte eines der Lager in Brand geraten, sähe die Situation von einer Minute auf die andere ganz anders aus.

Doch sollte dieser 34. Jahrestag des Atomunfalls in Tschernobyl ein Anlass zum Nachdenken sein. Das mag zwar momentan kaum jemand tun, denn angesichts der auf uns zukommenden Wirtschaftskrise in der Folge der sanitären Krise, wird auch die Mär von der günstigen, umweltfreundlichen nuklearen Energiequelle wieder Hochkonjunktur haben. Nur – Atomkraft ist eben nicht „billig“, sondern sogar extrem teuer, wenn man die Folgekosten für Rückbau und Endlagerung der radioaktiven Elemente berücksichtigt.

Was sich rund um den havarierten Meiler in Tschernobyl befindet, sind „Zwischenlager“. Denn bis heute gibt es noch keinerlei Technologie, mit der man ein sicheres „Endlager“ für zehntausende Jahre bauen kann – und es ist nicht absehbar, dass es eine solche Technologie je geben wird. Grund hierfür ist eben die extrem lange Halbwertzeit der radioaktiven Elemente und da sich die Erdoberfläche ständig bewegt, muss man damit rechnen, dass ein unterirdisches Lager wie beispielsweise in einem Salzstock, irgendwann aufgrund der tektonischen Bewegungen einfach platzt und dann die gesamte dort befindliche Radioaktivität freisetzt.

Dass der Mensch die Technologie nur bis zu einem gewissen Grad beherrschen kann, das weiß man – vor Tschernobyl gab es bereits Three Mile Island, nach Tschernobyl gab es Fukushima. Alles Unfälle in „total sicheren“ Anlagen. Doch Atomanlagen sind nur so lange sicher, wie die Natur mitspielt. Am Oberrhein haben wir jetzt lange Jahrzehnte riesiges Glück gehabt, dass der Doppelmeiler in Fessenheim in dieser seismisch aktiven Zone am Oberrhein nicht Opfer eines größeren Erdbebens wurde, wie beispielsweise die Stadt Basel im 14. Jahrhundert.

Es ist allerhöchste Zeit, die Energieversorgung dieses Planeten auf erneuerbare Energien umzustellen und zwar nicht mit nebulösen Zielvorgaben gegen Mitte oder Ende dieses Jahrhunderts, sondern sofort. Fossile Brennstoffe gehen zur Neige und belasten Umwelt und Klima in nicht mehr akzeptabler Weise und die Atomkraft ist eben nicht sicher beherrschbar. Bleiben Wind, Sonne, Wasser und eventuell noch die Geothermie dort, wo sie sicher genutzt werden kann. Der Mensch beherrscht diese Technologien und es kann nicht sein, dass sie nicht genutzt werden, da man den Betreibern von Kohle- und Atomkraftwerken nicht zu nahe treten möchte.

Die aktuelle Covid-19-Krise zeigt es deutlich, dass die Welt dringend ein Umdenken braucht und die Energieversorgung gehört zu den Hauptthemen in diesem Zusammengang. 34 Jahre nach Tschernobyl sollte es langsam auch der Letzte begreifen, dass die Atomkraft nicht sicher beherrschbar ist. Drücken wir also die Daumen, dass die inzwischen völlig erschöpften ukrainischen Feuerwehrleute erfolgreich sind. Ansonsten könnte Tschernobyl schneller wieder in den Schlagzeilen sein, als und allen lieb ist…

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