TTIP: Glaubt bloß nicht, dass ihr damit durchkommt!

In einem ungewohnt scharfen Statement hat das Umweltbundesamt (UBA) das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP kritisiert.

Ob in Berlin, Paris oder London (Bild) - die Europäer wollen das TTIP nicht. Foto: World Development Movement / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Der Begriff, der dem Umweltbundesamt (UBA) sauer aufstößt, heißt „Regulatorische Kooperation“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich genau das, was Verbraucherschützer (zumindest diejenigen, die sich trauen, zu diesem Thema Stellung zu beziehen…) seit langem kritisieren – die mögliche Verwässerung europäischer Umweltstandards durch die amerikanischen „Partner“. Denen die EU-Granden ja sogar künftig ein Mitspracherecht bei der europäischen Gesetzgebung einräumen wollen – alles zum Wohle der US-Konzerne, die sich auf dem europäischen Markt genauso bewegen wollen wie daheim in den USA.

Laut UBA soll diese „Regulatorische Kooperation“ im geplanten Freihandelsabkommen TTIP die Standards in der EU und den USA so weit wie möglich vereinheitlichen. Dies birgt jedoch unter anderem für den Umweltschutz, der in den USA einen deutlich geringeren Stellenwert als in der EU hat, erhebliche Risiken: Umweltstandards dürften dann sinken und die Umwelteigenschaften von Produkten könnten gefährdet werden.

Das zumindest befürchtet das UBA, denn es ist kaum wahrscheinlich, dass die USA ihre eigenen Standards nach oben in Richtung des Schutzniveaus in der EU korrigieren wird – warum sollten sie auch. Umweltschutz kostet Geld und beim TTIP geht es ja in erster Linie darum, dass US-Konzerne mehr davon verdienen können.

Worauf das UBA allerdings (noch?) nicht eingeht, ist die grundsätzliche Frage, wofür Europa ein TTIP überhaupt braucht. Als einzigen Vorteil (bei vielen, vielen Nachteilen) führen die Verfechter des TTIP wie SPD-Chef Sigmar Gabriel die schwammige Aussicht auf „0,5 % mehr Wachstum pro Jahr“ an. Nachgewiesen wurde diese Perspektive bisher nirgends, die Rechenbeispiele basieren ausschließlich auf Annahmen und keineswegs auf belastbarem Datenmaterial. Und selbst wenn – bis wohin will man denn den Tanz um das Goldene Kalb namens „Wachstum“ treiben? Ist „Wachstum“ tatsächlich der einzige Wert, an dem wir wirtschaftliches Handeln ausrichten sollten? Gerade wir in Deutschland sollten es besser wissen – der demographische Wandel wird uns dazu zwingen, uns grundsätzliche Gedanken zu den Themen „Arbeit“, „soziale Gerechtigkeit“ und „Wachstum“ zu machen, ob wir es wollen oder nicht. Sollten diese Überlegungen allerdings im Rahmen eines dann bestehenden TTIP stattfinden, das die EU und damit auch die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten faktisch entmachtet, dann dürften diese Überlegungen gar nicht mehr stattfinden, denn dann gilt in Europa nur noch eines – den Boden für ein erfolgreiches Wirtschaften amerikanischer Großkonzerne in Europa zu bereiten.

Die „Verantwortlichen“ Europas sind mit dem TTIP dabei, einen historischen Fehler zu machen. Über ihre Motivationen kann man dabei nur spekulieren, doch erscheint es nicht unbedingt normal, dass gewählte europäische Politiker alles daran setzen, Europa und die europäische Wirtschaft den USA auf dem Silbertablett zu präsentieren.

Das TTIP hat auf jeden Fall das Potential, Europa zu spalten und auf die Straße zu bringen. Was sich bei den Protesten gegen die EZB bereits zeigte, könnte sich zum Thema „TTIP“ zum Flächenbrand entwickeln und für einen endgültigen Bruch zwischen dem „Europa der Finanzmärkte“ und den Bürgerinnen und Bürgern Europas sorgen. Das Europa der Schäuble, Dijsselbloem & Co. ist ein Auslaufmodell, ein Relikt aus einer Zeit vor der Technologischen Revolution, verteidigt von alten Herren in grauen Anzügen, die noch nicht verstanden haben, dass sich die Welt verändert hat und weiter verändern wird. Die Chancen stehen hoch, dass die Europäerinnen und Europäer nicht tatenlos zusehen werden, wie eine Riege alter Politiker im Elfenbeinturm Europa und europäische Werte an die USA verhökert.

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