UberPop löst in Frankreich einen „Taxi-Krieg“ aus

Gewaltsame Übergriffe, zerstörte Fahrzeuge, verhaftete Fahrer – der amerikanische Traum vom ganz freien Unternehmertum im Cowboy-Kapitalismus eskaliert in Frankreich.

Die Auseinandersetzung zwischen Taxifahrern und UberPop nimmt in Frankreich immer härtere Formen an. Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL) – Taxifahrer sind wohl doch ein rabiates Völkchen – den Eindruck kann man zumindest gerade in Frankreich gewinnen, wo die Auseinandersetzung zwischen Taxifahrern und UberPop-Fahrern bedrohliche Ausmaße annimmt. Während Präsident Hollande die Gerichte aufruft, den Smartphone-basierten Dienst, bei dem private Fahrer ohne Personenbeförderungsschein und ohne Taxilizenz Fahrgäste zu deutlich geringeren Preisen als traditionelle Taxis befördern, zu verbieten, sorgen die Taxifahrer mit Gewalt dafür, dass die UberPop-Fahrer wieder vom Markt verschwinden.

Straßenblockaden in Paris und den großen Provinzstädten, auch in Straßburg, falsche Fahrgäste, die UberPop-Fahrer in Fallen locken, wo diese zusammengeschlagen und ihre Autos beschädigt oder gar zerstört werden, UberPop-Fahrer, die mit Tränengas auf ihre Angreifer losgehen – in Frankreich ist ein „Taxi-Krieg“ ausgebrochen. Seltsamerweise merken aber noch nicht viele, dass dies nur ein Vorgeplänkel dafür ist, was uns im Rahmen des Freihandelsabkommens TTIP in Europa erwartet – UberPop ist nur der Vorbote eines US-Kapitalismus, der keine Grenzen, keine Arbeitnehmerrechte und nur das Gesetz des Mammons kennt – herzlich willkommen in der Zukunft!

In den einzelnen Regionen und Departements wird die Angelegenheit ganz unterschiedlich behandelt – mal gibt es Erlasse, die den UberPop-Service verbieten, mal gibt es Empfehlungen, mal Verboten und überall wird es Verfahren geben. Doch UberPop ist zuversichtlich, dass es sich mit seinem Wildwest-Geschäftsmodell durchsetzen wird. Im Klartext – hier entsteht ein Geschäftsmodell, in dem es keine Arbeitnehmerrechte, keine Sozial- und Altersvorsorge, keine Gewerkschaften und gar nichts gibt. Nur so genannte „Selbstständige“, die natürlich alles andere als selbstständig sind und einem reglementierten Beruf die Grundlage entziehen.

So ganz neu ist dieses Modell allerdings nicht – mit einem vergleichbaren System hungern gerade deutsche Großschlachthöfe und riesige Agrarunternehmen in Norddeutschland ihre Konkurrenz in den anderen europäischen Ländern aus. Sie beschäftigen Arbeitnehmer aus Osteuropa, die Einzelfirmen gründen müssen und dann für lächerliche Stundenlöhne im Akkord arbeiten – genau wie bei UberPop, ohne dass der tatsächliche Arbeitgeber Sozialabgaben, Versicherungsbeiträge und ähnliches entrichten würde. Und natürlich gibt es auch keinen überflüssigen Luxus wie Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und ähnlichen Schnickschnack, der die Großindustrie daran hindert, ihre Gewinne zu maximieren.

Dieser Vorgriff auf das, was uns nach dem Abschluss des TTIP erwartet, von dem immer noch niemand versteht, warum Europa auf das vage Versprechen eines möglichen Wachstums von 0,5 % den USA die Schlüssel für Europas Wirtschaft und sogar die europäische Gesetzgebung in die Hand drücken muss. Künftig wird Europa alles erlauben, was der amerikanischen Wirtschaft und Unternehmen wie UberPop nützt – und sollte ein Land die Frechheit haben, das nicht 1:1 umzusetzen, wird es sich vor einem privaten Schiedsgericht wieder finden, gegen dessen verhängte Strafzahlungen es keine Rechtsmittel mehr geben soll.

Sind wir eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Muss Europa den USA, die uns nach Strich und Faden ausspionieren, wirklich unseren Kontinent schenken? Was bekommen die EU-Oberen dafür, dass sie trotz aller Proteste, trotz aller Skandale und wider jede Logik dieses TTIP durchsetzen wollen, koste es, was es wolle? Es ist allerhöchste Zeit, das lobbyversuchte Brüssel wieder zu dem zu machen, was es sein sollte – die belgische Hauptstadt. Europapolitik sollte nur noch das Europäische Parlament machen, mit einer europäischen Regierung, gewählt von den europäischen Bürgerinnen und Bürgern. Brüssel als Parkplatz für ausrangierte Politiker, für die es in ihren Heimatländern keine Verwendung mehr gibt, hat ausgedient und seine Unfähigkeit nachgewiesen, ein „Europa der Menschen“ zu schaffen. Und UberPop ist erst der Anfang…

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