Über diese EURO 2020/21 wird man noch reden müssen

Die wohl peinlichste Fußball-Europameisterschaft aller Zeiten ist zum Glück vorbei. Mit den Folgen dieses verantwortungslosen Spektakels werden wir uns noch eine Weile beschäftigen müssen.

Hotspot Wembley-Stadion - man darf gespannt sein, wie viele Menschen sich während der Finalspiele infiziert haben. Foto: interbeat / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Fast einen Monat lang haben wir diese EURO 2020/21 ertragen müssen. Abgesehen davon, dass am Sonntagabend fast ganz Europa den verdienten Erfolg des italienischen Teams gefeiert hat, war diese EURO 2020/21 nicht nur ein Dauerskandal, sondern so organisiert, dass man sie noch einmal analysieren und vor allem die Rolle und Verantwortung der UEFA an den bei diesem Turnier erfolgten Covid-Infektionen untersuchen muss.

Der UEFA ging es bei diesem Turnier nur um eines – TV- und Werbegelder. Die Gesundheit von Spielern, Betreuern, Journalisten und Zuschauern interessierte die UEFA nicht besonders – feige schob sie nach erfolgter „Erpressung“ der Spielorte die sanitäre Verantwortung auf die lokalen Behörden ab, nachdem sie die Spielorte dazu gezwungen hatte, enorm viele Zuschauer zu den Spielen zuzulassen. Lediglich Dublin und Bilbao widersetzten sich dieser „Erpressung“ und richteten keine Spiele aus.

Ob es nun der Druck der UEFA war, das Spiel der Dänen gegen Finnland fortzusetzen, während der dänische Spieler Christian Eriksen nach einem Zusammenbruch im Krankenhaus zwischen Leben und Tod schwebte, ob es der Kotau der UEFA vor der homophoben ungarischen Regierung war, ob es der Reisezirkus quer durch ganz Europa zwischen Baku und Sevilla war, ob es die „Erpressung“ der britischen Regierung war, die von der UEFA gezwungen wurde, 2500 VIPs vorbei an den sanitären Maßnahmen für die Finalspiele nach London zu schleusen (da ansonsten die Finalspiele kurzerhand nach Ungarn zum UEFA-Freund Orban verlegt worden wären) – die Liste der Verfehlungen des Kontinentalverbands ist lang, sehr lang.

Heute gibt es bereits tausende von Neuinfektionen, die auf den Besuch der Spiele in den verschiedenen Ländern zurückzuführen sind. In sieben Ländern hat man bereits rückkehrende Fans positiv auf das Virus getestet, alleine über 2000 Schotten nach dem Spiel England – Schottland am 18. Juni in London.

Das Sportliche rückte bei dieser EURO 2020/21 in den Hintergrund – man beschäftigte sich vor allem mit dem Randgeschehen, bei dem man sich die Frage stellen muss, ob das Verhalten der UEFA nicht justiziabel ist. Denn mitten in einer Pandemie Zehntausende Menschen quer durch ganz Europa zu schicken, mitten in einer Pandemie darauf zu bestehen, dass Zuschauer in die Stadien kommen (die weder Abstände einhielten und zumeist keine Masken trugen), das ist nicht nur verantwortungslos, sondern eine Gefährdung der Gesundheit und des Lebens von Sportlern und Fans. Darf ein Fußball-Verband ein solches Verhalten an den Tag legen?

Die Gier und die Korruption der Fußball-Verbände ist kein neues Thema. Die letzten Präsidenten des Weltverbands FIFA und des Kontinentalverbands UEFA wurden wegen erwiesener Korruptionsskandale vom Hof gejagt, doch die Nachfolger machen genau dort weiter, wo Sepp Blatter (FIFA) und Michel Platini (UEFA) gestoppt wurden. Doch während sich diese Vorgänger „nur“ persönlich die Taschen gefüllt haben, hat die UEFA bei diesem Turnier Menschenleben gefährdet und möglicherweise Todesfälle auf dem Gewissen. Da kann man nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen.

Daher noch einmal der Vorschlag: Die UEFA sollte sämtliche im Zusammenhang mit dieser katastrophalen EURO 2020/21 realisierten Gewinne den Gesundheitssystemen der Länder zur Verfügung stellen, in denen Spiele ausgetragen wurden. Die Vorstellung, dass ein solches Verhalten zur Bereicherung der Verbände und der verantwortlichen Personen führt, ist unerträglich. Während die ganze Welt versucht solidarisch die Pandemie zu bekämpfen, hat die UEFA den Erfolg dieser seit anderthalb Jahren andauernden Einschränkungen für alle massiv gefährdet. Ist das etwa die Aufgabe eines Sportverbands?

Warten wir noch ein paar Tage ab, bis die Inkubationszeit für die drei Finalspiele in London abgelaufen ist. Wenn dann die Infektionszahlen wieder massiv ansteigen, wäre der Zeitpunkt gekommen, diese Veranstaltung und die persönlichen Verantwortungen sehr genau zu untersuchen.

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