Ukraine und die Korruption: der andere Konflikt!

Olivier Védrine und Alexandre Pavlov über eines der vielen Probleme der Ukraine, mit denen die aktuelle Situation noch schwieriger wird.

Die Korruption ist eines der grössten Probleme der Ukraine. Foto: Kiwiev / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(Olivier Védrine und Alexandre Pavlov / Übersetzung KL) – Die Korruption ist seit langem ein Problem in der Ukraine und stellt ein Haupthindernis für den Beitritt des Landes zur Europäischen Union und der NATO dar. Präsident Zelensky hatte seine Wahlkampagne auf den Themen der Verhandlungen mit Russland und dem Kampf gegen die Korruption aufgebaut. Nach seinem überzeugenden Wahlsieg mit 73 % der Stimmen konnte er seine sinkende Popularität durch eine große Entschlossenheit gegenüber Russland und der Aufnahme des Kampfes gegen die Korruption retten.

Die wirtschaftliche Lage der Ukraine ist angespannt. Das Land muss mit den Defiziten der öffentlichen Haushalte und den laufenden Ausgaben klarkommen, mit einer Inflation, die 2020 rund 9 % betragen hat und einer Verschuldung, die mehr als 50 % des BIP darstellt. Doch nach der durch den Covid bedingten Rezession 2020, mit einem Negativwachstum von -4 %, geht man nun von einem jährlichen Wachstum von 3 % aus.

Die Ukraine hat ein „Anti-Oligarchen-Gesetz“ verabschiedet, das gegen die Korruption wirken soll. Laut diesem Gesetz ist es Personen, die vom Nationalen Sicherheitsrat als „Oligarchen“ eingestuft werden verboten, sich an der Finanzierung von Parteien und an der Privatisierung von Staatsunternehmen zu beteiligen. „Ich glaube, die Korruption ist eine der Hauptsorgen der Bevölkerung. Einerseits leben viele Menschen in Armut, während sich andere durch die Korruption jahrelang bereichert haben“, sagt der deutsche Europaabgeordnete Michael Gahler.

Doch im Kampf gegen die Korruption, die das Leben in der Ukraine so schwierig macht, muss der junge Präsident trotzdem mit den Oligarchen zusammenarbeiten. Diese wollen natürlich ihre Interessen gewahrt sehen. Hierzu verfügen sie über Hebel in der Finanzwelt, der Politik und den Medien, die häufig deutlich wirkungsvoller sind als die Instrumente, über die Präsident Volodymyr Zelensky verfügt.

Verabschiedung des „Anti-Oligarchen-Gesetzes“, Einrichtung eines Nationalen Büros und eines hohen Anti-Korruptions-Gerichtshofs – der ukrainische Präsident hat die Maßnahmen ergriffen, mit denen er die Wahlversprechen seines Programms erfüllen kann. Doch in der Praxis haben es alle diese gesetzlichen Reformen schwer, etwas am Status Quo zu verändern, da das gesamte Justizsystem nicht funktioniert. Was die Korruption anbelangt, so betrifft diese auch zahlreiche Richter selbst.

Es viele Beispiel europäischer Unternehmer, die jahrelang versucht haben, die bürokratischen Hürden und die Korruption in der Ukraine zu überwinden. Der Fall des lettischen Geschäftsmanns Arnolds Babris ist ein gutes Beispiel. Babris hatte die Rechte an einer Tankstellen-Kette in der Ukraine übernommen. Diese Transaktion sollte 50 Millionen Euro kosten. Als Arnolds Babris begann, seine Aktiva in Besitz zu nehmen, musste er sich mit Problemen herumschlagen, die von rechtlichen Schwierigkeiten bis hin zu Drohungen reichten. Die Vorbesitzer nutzten alle Instrumente der traditionellen, ukrainischen Korruption, um ihr Unternehmen nicht zu übergeben. Der lettische Geschäftsmann kämpft seit Jahren um seinen Besitz, den er rechtmäßig erworben hatte. Erst als bekannt wurde, dass hohe ukrainische Politiker in den Skandal verwickelt sind, konnte Babris wenigstens einen Teil seines Besitzes zurückerhalten.

Die Korruption in der Ukraine betrifft westliche Unternehmen, von denen die meisten Opfer dieser Korruption sind, doch es gibt auch westliche Unternehmen, die selbst von der Korruption profitieren. Ein Beispiel: Der französische Internetdienst für Mitfahrgelegenheiten BlaBlaCar ist vor zwei Jahren in den ukrainischen Markt eingestiegen und hat eines der größten ukrainischen Internet-Unternehmen für Bustickets gekauft, BusTour. Es wurde schnell deutlich, dass der französische Investor die Dienste von Geschäftspartnern in Anspruch nahm, die weder über die erforderlichen Genehmigungen verfügten, noch die bestehenden Busbahnhöfe nutzten. Dies führte zu mehreren Verfahren, beispielsweise durch das ukrainische Anti-Monopol-Komitee und zahlreiche, hohe Geldstrafen wurden ausgesprochen.

In der Ukraine gibt es gerade zwei große Konflikte. Den Konflikt um den Donbass und den Kampf gegen die Korruption. Beide sind dabei, die Ukraine zu zerstören.

Alexandre Pavlov ist Direktor der ukrainischen Presseagentur für regionale Initiativen
und
Professor (h.c.) Olivier Védrine ist, neben vielen anderen Tätigkeiten in den Medien und der Lehre, Mitglied des Lenkungsausschusses des Vereins Jean Monnet.

 

2 Kommentare zu Ukraine und die Korruption: der andere Konflikt!

  1. Waltraud Hannemann // 27. Februar 2022 um 20:36 // Antworten

    Ich sehe den Störenfried auf der Seite der Amerikaner.Die Grenzen waren 1990 klar ,nur voran der Amerikaner konnten sich nicht daran halten.Jetzt läuft wieder ein Lügenspiel auf Kosten der Bevölkerung.

    • Und das soll eine R echtfertigung für einen Angriffskrieg sein? Wir reden hier nicht über “Störenfriede”, sondern über einen ausgewachsenen Krieg. Meines Wissens nach hat die NATO keinen Zentimeter russischen Territoriums angegriffen. Man kann über alles sprechen und verhandeln, aber man darf die Welt nicht mit Krieg überziehen, um seine Machtphantasien auszuleben.

Hinterlasse einen Kommentar zu admin Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste