Umfrage in Großbritannien: „No Europe, please – we’re british!“

Die osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten haben ihre eigene Vergangenheit vergessen, in den wichtigen Fragen gibt es keine europäische Einigkeit und die Briten haben keine Lust mehr.

Da liegt sie, die britische Insel. Gehört sie morgen noch zur EU? Gibt es die EU morgen überhaupt noch? Foto: NuclearVacuum / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – OK, Umfragen sind, was Umfragen eben sind. Momentaufnahmen, Einblicke in aktuelle Befindlichkeiten, doch die sind momentan in Großbritannien alles andere als pro-europäisch. Angesichts des von Premierminister David Cameron angekündigten Referendums über den weiteren Verbleib Großbritanniens in der EU stimmt die aktuelle Umfrage des „Mail on Sunday“ nachdenklich. Stand heute haben die Briten keine Lust mehr auf Europa. Die aktuelle Flüchtlingskrise ist dabei alles andere als geeignet, den Briten Europa wieder schmackhaft zu machen.

In der Umfrage der „Mail on Sunday“ liegt das „Nein“ zu Europa erstmals vor dem „Ja“. 43 % der Befragten würden heute gegen den Verbleib Großbritanniens in der EU stimmen, 40 % dafür und 17 % wissen es noch nicht. Wenn man das als Trend wertet, stehen die Zeichen eher auf „Brexit“ als auf eine nachhaltige Mitgliedschaft der Briten in der EU.

Dabei hat das alles vor allem mit Psychologie zu tun, denn es kann kaum eine Flüchtlingsschwemme aus Syrien sein, die den Briten Angst macht. Seit 2011 hat das Vereinigte Königreich gerade einmal 216 syrische Flüchtlinge aufgenommen und ca. 5000 Syrern, die es irgendwie auf anderen Weg auf die Insel geschafft haben, nachträglich Asyl gewährt. Das sind Zahlen, die gerade mal ein Viertel der Flüchtlinge ausmachen, die am letzten Wochenende in München ankamen. Dennoch ist, ebenfalls einer Umfrage zufolge, ein Drittel der Briten der Ansicht, man solle gar keine Flüchtlinge aufnehmen.

Europa steht vor einer ganz schwierigen Phase. Zum einen bildet sich gerade eine Fraktion der EU-Mitgliedstaaten Osteuropas, mit Ungarn, der Tschechischen Republik, Kroatien, den baltischen Staaten und anderen, die mit der ganzen Flüchtlingsproblematik nichts zu tun haben wollen und dabei geflissentlich vergessen, dass aus ihren Ländern zu Zeiten ihrer großen Krisen Hunderttausende Menschen flüchten mussten und Aufnahme in anderen europäischen Ländern finden.

Zum anderen entwickeln die westlichen europäischen Länder gerade ein großes Maß an Solidarität mit den ankommenden Flüchtlingen, wobei man darauf achten muss, sich nicht am eigenen Gutsein zu besaufen – Die Türkei, der Libanon und Jordanien haben insgesamt 4 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, also ein Mehrfaches der Menschen, die es bis nach Europa schaffen.

Und dann, was wir im aktuellen Trubel gerne vergessen, ist da noch das Problem Südeuropas, speziell Griechenlands. Denn auch Griechenland steht vor einer Zerreißprobe – die anstehenden Wahlen werden eine große politische Bedeutung für ganz Europa haben. Wobei die Lage der Menschen in Ländern wie Portugal oder Spanien auch nicht viel rosiger ist. Die Solidarität kann und darf sich also nicht auf die Flüchtlinge aus Syrien beschränken, sondern wird zu einem Leitmotiv, das in den nächsten Jahren das gesamte politische Handeln Europas bestimmen muss oder – Europa zerbricht.

Wenn die Briten sich an einer solchen europäischen Solidargemeinschaft nicht beteiligen wollen, dann müssen sie eben aussteigen. Doch David Cameron spielt mit dem Feuer. Die traditionell pro-europäischen Schotten haben bereits angekündigt, im Falles eines „Brexit“ ihr eigenes Referendum wiederholen zu wollen, da sie nicht im Sog der Briten aus der EU „ausgetreten werden“ wollen.

Spannende Monate erwarten die EU, die allerdings nicht nur Probleme, sondern momentan eine riesige Chance hat – nämlich diejenige, zu echten humanistischen Werten zurück zu kehren und sich zu dem entwickeln, was die Mehrzahl der 500 Millionen Europäerinnen und Europäer möchte. Ein Europa der Menschen, eine auf Werten basierende Solidargemeinschaft, eine starke und friedliche Stimme in der Kakophonie der Weltpolitik.

2 Kommentare zu Umfrage in Großbritannien: „No Europe, please – we’re british!“

  1. Ich wünschte Deutschland hätte auch die Wahl…ich wüsste, wie ich stimmen würde.
    Das Europaprojekt ist längst gescheitert und Deutschland ist zu oft der Dumme in der EU

    • Und dann? Die Rückkehr zur Kleinstaaterei in einer globalisierten Welt? Wie das abläuft, haben wir doch auf diesem Kontinent Jahrhunderte lang erlebt – Kriege, Feindschaften, Eifersucht und soziales Elend. Das kann doch auch keine Lösung sein.

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