Umweltplaketten – und Europa schrumpft wieder

Seit gestern müssen Autofahrer in Strasbourg die „Crit’Air-Umweltplakette“ am Auto befestigen und dürfen bei Umweltproblemen nur noch eingeschränkt fahren.

Eine von diesen Plaketten muss ab sofort an Ihrer Windschutzscheibe kleben - sonst gibt's Knöllchen... Foto: privat

(KL) – Umweltschutz geht alle an und sollte, eigentlich, ein europäisches Thema sein. Doch das Europa der 27 oder 28 ist noch weit davon entfernt, eine Realität zu sein. Dass jetzt überall Umweltplaketten eingeführt werden, die bei Umweltbelastungen nur noch wenig verschmutzenden Fahrzeugen das Fahren erlauben, ist im Grunde eine gute Sache. Weniger gut ist, dass diese Plaketten zwischen den europäischen Ländern nicht gelten. Jedes Land hat seine eigenen Kriterien, seine eigenen Umweltplaketten und die sind zu allem Überfluss auch noch inkompatibel untereinander. Es wäre an der Zeit, diese europäische Kakophonie zu beenden.

Wer viel in Europa unterwegs ist und sich überall korrekt verhalten will, muss sich demnächst die Windschutzscheibe seines Autos komplett zukleistern – mit Autobahn-Vignetten und vor allem, mit Umweltplaketten. Und da in allen Ländern die Kriterien für die Umweltplaketten unterschiedlich sind, ist auch ein Ingenieurs-Diplom hilfreich, wenn man mit dem Auto durch Europa fährt.

Dass die Umwelt vor Spitzenbelastungen in unser aller Interesse geschützt werden muss, ist klar. Zumal es Politik und Wirtschaft geschafft haben, sparsamste und umweltfreundliche Technologien im Interesse der Automobil- und Petro-Industrie von der Straße fern zu halten. Doch wäre es nicht wesentlich sinnvoller gewesen, Regelungen für den Verkehr auf europäischer Ebene zu treffen? In der Praxis bricht nämlich ab sofort das Chaos aus.

Während das französische System „Crit’Air“ sechs verschiedene Schadstoff-Klassen kennt, sind es in Deutschland nur vier. Und diese verschiedenen Klassen sind natürlich untereinander inkompatibel und die jeweiligen Plaketten gelten nicht im Nachbarland. Wer sich also korrekt verhalten will, klebt sich künftig die hoffentlich richtige Plakette an die Windschutzscheibe.

Und in solchen Momenten fragt man sich, was eigentlich die europäischen Institutionen so treiben. Jede Petitesse wird in Brüssel geregelt, vom Krümmungswinkel von Bananen bis zur Maschengröße der portugiesischen Fischernetze – aber für eine so präzise Wissenschaft wie Abgasemissionen war es nicht möglich, eine europäische Regelung zu treffen?

Wer also künftig in Frankreich Auto fahren will, muss sich spätestens jetzt eine solche „Crit’Air“-Umweltplakette besorgen und dann aufmerksam verfolgen, ob es zufällig gerade ein Fahrverbot für die auf einen zutreffende Schadstoffklasse gibt. In der Praxis dürfte diese Neuerung nur für Chaos sorgen – eine europäische Lösung wäre nicht nur angebracht, sondern würde verhindern, dass sich künftig Autofahrten durch Europa so anfühlen, als würde man durch Schilda fahren…

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