Und dann wundern die sich noch?…

Eigentlich könnte man erwarten, dass sich die Abgeordneten für Politik interessieren. In der französischen Assemblée Nationale scheint das nicht der Fall zu sein...

(Fast) so leer war es im französischen Parlament, als über den Antrag abgestimmt wurde, ob verurteilte Sexualstraftäter künftig Abgeordnete sein dürfen. Foto: Coucouoeuf / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Nachdem es in der politischen Welt Frankreichs zuletzt mehrere Fälle sexueller Belästigung gab und ein Abgeordneter sogar wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung vor Gericht steht, hatte eine Gruppe Abgeordneter nach einer Initiative der Grünen Cécile Duflot und Noël Mamère einen Gesetzentwurf eingereicht, nach dem niemand, der wegen sexueller Gewalt verurteilt worden ist, Doch was Anfang der Woche im französischen Parlament geschah, illustriert einmal mehr, warum sich die Menschen mehr und mehr von der Politik abwenden.

Vorweg – der Entwurf wurde abgelehnt. Mit einer absoluten Mehrheit. Allerdings nahmen von den 577 französischen Abgeordneten ganze 15 an der Anhörung und der Abstimmung teil. 15! Wo waren denn die 562 anderen Abgeordneten? Langes Wochenende? Keine Lust auf so ein Thema?

Bei 15 Abgeordneten, von denen 6 für diesen Entwurf stimmten (3 Konservative der „Les Républicains“, 2 Grüne und 1 Abgeordneter der Zentrumspartei UDI), und 9 dagegen (alle aus der Regierungspartei PS), lsst sich ziemlich genau festhalten, wer da für was gestimmt hat. Dass die „linke“ PS wegen Sexualdelikten verurteilte Straftäter problemlos weiterhin in Parlamenten sitzen lassen will, ist seltsam. Dass aber 562 Abgeordnete es nicht für nötig halten, überhaupt an dieser Abstimmung teilzunehmen, ist skandalös.

Da nützt es wenig, dass man uns ständig die Vorteile der repräsentativen Demokratie als das Beste verkaufen will, was es an politischem System gibt – wenn die Abgeordneten ihr Mandat so ernst nehmen, dass sie sich gar nicht am politischen Geschehen beteiligen, dann ist das schon sehr bedenklich.

Gerade in einer Zeit, in der uns die Aktualität dazu zwingt, uns Gedanken darüber zu machen, ob unsere politischen Systeme überhaupt noch zeitgemäß sind, ist dieses Verhalten von hoch bezahlten Abgeordneten schlicht inakzeptabel. Dass sich Wählerinnen und Wähler nicht mehr von einer solchen desinteressierten Politikerkaste ernst genommen fühlen, treibt Extremisten die Menschen in die Arme.

Abgesehen davon, dass das Ergebnis dieser Abstimmung ein Schlag ins Gesicht von Opfern sexueller Gewalt ist, und die Abgeordnete Eva Sas (Grüne) natürlich Recht hat, wenn sie es als problematisch empfindet, wenn Sexualstraftäter in Parlamenten sitzen, ist das manifestierte Desinteresse der Abgeordneten im Grunde eine Beleidigung der Wählerinnen und Wähler.

Fast könnte man das Gefühl bekommen, als würden es alle darauf anlegen, dass sich die politische Auseinandersetzung weiter auf die Straße verlagert. Sollte das passieren, dürfte am Ende aber das politische Establishment den Kürzeren ziehen. Falls nicht zuvor die Extremisten schon das Ruder in der Hand haben…

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