Und deswegen geht ihr den Bach ‘runter…

Die ehemaligen Volksparteien scheinen immer noch nicht begriffen zu haben, warum ihnen die Wählerinnen und Wähler weglaufen. Statt sich um die Probleme der Welt zu kümmern, machen sie weiter mit ihrer langweiligen Nabelschau.

Die neue Hoffnungsträgerin der SPD - Gesine Schwan (76). Foto: Heinrich-Böll-Stiftung / Wikimedia Commons / CC-BT-SA 2.0

(KL) – Die Welt entwickelt sich immer mehr zu einem einzigen, riesigen Krisenherd. Konflikte aller Art, Kriege, Revolten, Flüchtlingsdramen, Klimawandel, soziale Katastrophen – das alles sieht gerade nicht so gut aus. Doch die beiden früheren deutschen Volksparteien scheint das nicht zu berühren – sie sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Solange, bis aus Volksparteien politische Splittergruppen geworden sind.

Wen, bitteschön, interessiert es, ob die CDU ein Ausschlussverfahren gegen den früheren Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen einleitet oder nicht? Klar, ein paar versprengte Mitglieder eines stockkonservativen CDU-Flügels, geschenkt. Ansonsten ist das Thema ungefähr so interessant wie der berühmte Sack Reis in China, der umfällt. Spannend ist für Beobachter der politischen Szene vielleicht noch die Art und Weise, wie sich Annegret Kramp-Karrenbauer jede Woche ein wenig mehr um ihren politischen Kopf und Kragen redet, aber Hand auf’s Herz, gibt es keine wichtigeren Themen?

Noch übler geht es bei der SPD zu. Täglich erfährt man, dass sich die (dem Publikum weitgehend unbekannten) SPD-Granden erst vor dem Parteivorsitz drücken, sich dann wieder bewerben und alle zusammen verbindet bei der SPD eines: Sie haben keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Nach Monaten des Suchen und des Rätselns holt die SPD nun ein paar Dinosaurier aus der Mottenkiste, die sich als „Hoffnungsträger“ präsentieren. Zu den großen Themen unserer Zeit gibt es lediglich ein paar schwammige Satzhülsen, denn die SPD ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als sich um Politik kümmern zu können.

Nichts gegen die großartige Gesine Schwan. Doch deren politische Zeit hat bereits vor Jahrzehnten ein Ende gefunden – ihre Kandidatur an der Seite des trotzigen Ralf Stegner ist ungefähr so, als würde die CDU Rita Süssmuth als Nachfolgerin von Angela Merkel nominieren. Und vor allem – es interessiert uns nicht, wie ihr euren internen Krempel organisiert! Wir wollen wissen, wie sich die Parteien zu den aktuellen Themen positionieren, welche Ideen sie für Probleme wie den Brexit haben, oder deutsche Waffenlieferungen und konkrete Maßnahmen gegen die soziale Verelendung, den Klimawandel und die Vergreisung der Gesellschaft. Interessant wäre es auch zu erfahren, wie die Parteien den gesellschaftlichen Wandel handhaben wollen, der sich aus der Technologischen Revolution ergibt. Das sind die Dinge, die wir von einer Partei erwarten!

Vielleicht sollte man in den Berliner Parteizentralen der früheren Volksparteien große Plakate aufhängen, auf denen nichts anderes steht als die Wahlergebnisse der Wahlen der letzten Monate und Jahre. Damit diese Parteien sich darüber bewusst werden, dass es den ewig alten Wechsel CDU-SPD-CDU nicht mehr gibt. Damit die CDU sieht, dass sie innerhalb kürzester Zeit die Hälfte ihrer Wählerschaft verloren hat. Damit die SPD erkennt, dass sie mittlerweile mit der FDP und Die Linke um den 4. Platz in der Wählergunst kämpft und dabei nur noch knapp einstellige Ergebnisse einfährt. Damit CDUSPD endlich erkennen, dass sie seit Jahren auf dem Holzweg sind und zwar in der gleichen Art und Weise, wie ihre Schwesterparteien in anderen europäischen Ländern (mit wenigen Ausnahmen) den Bach heruntertreiben.

Wollen oder können diese früheren Volksparteien die Zeichen der Zeit nicht erkennen? Vor gerade einmal zwei Jahren beherrschten diese Parteien noch unsere Ländern. Schaut man nach Frankreich, dann stellt man fest, dass die Partei, die 2017, also vor zwei Jahren, noch den Präsidenten und die Mehrheit im Parlament und im Senat stellte, mittlerweile bei Wahlen um die 5 %-Hürde kämpft – doch die französische PS reagiert genauso wie die SPD – sie steckt den Kopf in den Sand, verabschiedet sich aus den großen politischen Themen unserer Zeit und beschäftigt sich mit sich selbst. Erstaunlich, dass selbst die katastrophalen Wahlergebnisse dieser Parteien nicht zur Erkenntnis führen, dass man vielleicht auf dem Holzweg ist.

Frei nach Darwin ist der Untergang der ehemaligen Volksparteien jetzt vorgezeichnet, schlimmer noch, er findet bereits statt. Diesen Prozess werden die Parteien sicher nicht durch die Reaktivierung von politischen Rentnern aufhalten können – doch eine Erneuerung der Parteien ist nicht in Sicht.

Die SPD hat allerdings Recht, die Entscheidung über die weltbewegende Neubesetzung ihrer Spitze bis in den Oktober zu verschieben. Bis dahin finden drei Landtagswahlen in den neuen Bundesländern statt und wer weiß, vielleicht braucht die SPD danach gar keine Parteispitze mehr. Das nennt man politische Effizienz und sorgsamen Umgang mit Ressourcen. Warum lösen die Parteien eigentlich ihre internen Probleme nicht zusammen? Hans-Georg Maaßen wird neuer Vorsitzender der SPD und löst damit die Probleme beider Parteien – die CDU ist ihn los und die SPD hat ein neues Gesicht. Inhaltlich macht das ja ohnehin keinen Unterschied.

Und dann wundern sich die Parteien über die schwindende Begeisterung der Wählerinnen und Wähler… – die vielen Millionen, die Regierung und Parteien für sündhaft teure Berater ausgeben, sind richtig schlecht investiert. Bye, bye, Volksparteien und vielen Dank für eure tolle Arbeit zwischen 1950 und 1989.

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