Und jetzt alle auf die Weihnachtsmärkte im Elsass?

Wie schön für die Menschen in Baden. Dort macht gerade ein Weihnachtsmarkt nach dem anderen dicht. Aber was soll's, dann fahren wir eben ins Elsass. Und sorgen dafür, dass das Virus weiter zirkuliert...

Ja, klar, die Weihnachtsmärkte im Elsass sind schön. Aber deswegen "Normalität" zu spielen, ist nicht ungefährlich. Foto: (c) Marine Dumény

(KL) – Bitter für die Menschen im Badnerland – ein Weihnachtsmarkt nach dem anderen schließt und man merkt, dass wir uns in einer „5. Welle“ befinden, die alle bisherigen Wellen an Virulenz deutlich übertrifft. Auf den Weihnachtsmärkten in Baden-Württemberg (und Bayern, Sachsen und anderswo) waren die sanitären Vorgaben mitten in dieser Welle nicht einhalt- und kontrollierbar. Aber wer den Weg zurück in die „Normalität“ nicht abwarten kann, der hat ja eine Alternative: Auf den Weihnachtsmärkten im Elsass nimmt man es mit der Pandemie nicht so genau – hier stehen die Interessen der Standbeschicker und Einzelhändler deutlich über der Volksgesundheit. Um explodierende Zahlen wird man sich im Elsass eben später kümmern.

Also – alle ins Auto und ab ins Elsass? So, wie es auch die Belgier tun, bei denen die landesweite Inzidenz bereits über 1000 liegt? Die Elsässer empfangen momentan alle Touristen mit offenen Armen. Was kümmert da schon eine Pandemie, die unendlich weit weg und nur die anderen zu betreffen scheint? Dass es vom Herzen des Straßburger Weihnachtsmarkts nach Kehl, wo „2G+“ und nächtliche Ausgangssperren für nicht geimpfte Personen herrschen und die Inzidenz explodiert, nur 5 km Luftlinie sind, das scheint niemanden zu interessieren. Der Weihnachtsmarkt muss stattfinden, egal, was es kostet.

Da stellt sich allerdings die Frage, ob es die deutsch-französische Solidarität nicht eigentlich erfordert, genau jetzt NICHT ins Elsass zu fahren, um dazu beizutragen, dass sich die pandemische Lage im Elsass nicht ebenso katastrophal entwickelt wie im Badnerland und ganz Süddeutschland.

Auch in der Eurometropole Straßburg liegt die Inzidenz schon wieder bei über 250 und angesichts der zahllosen Pendler und Einkaufstouristen, die den Rhein täglich in beide Richtungen überqueren, ist klar, dass die Entwicklung in Baden schon in wenigen Tagen auch ins Elsass übergesprungen sein wird. Der Unterschied ist eben nur, dass man in Straßburg vor dieser Entwicklung die Augen verschließt, bestärkt von den selbstzufriedenen Aussagen der französischen Regierung, die von Woche zu Woche ein wenig mehr von sich und ihrem genialen Management der Krise begeistert ist.

Lassen wir dieses Jahr die französischen Touristen die Weihnachtsmärkte in Straßburg, Colmar, Kaysersberg, Mulhouse oder Obernai genießen und verzichten wir einfach mal darauf, eine „Normalität“ zu spielen, die nicht gegeben ist. Das wäre ein deutlich konstruktiverer Beitrag zur deutsch-französischen Freundschaft als der Import des Virus, mit dem sich das Elsass schon in wenigen Tagen wieder beschäftigen muss. Auch 2021 ist eben kein „normales“ Jahr und mitten in der bisher heftigsten „Welle“ so zu tun, als sei alles im Griff und man könne sich wieder den vermissten Beschäftigungen und Traditionen widmen, als sei die Pandemie vorbei, ist wenig zielführend.

Wenn schon die Politik in beiden Ländern unfähig ist, grenzüberschreitend zu denken und zu handeln, dann sollten wenigstens die Bürgerinnen und Bürger etwas mehr Verstand zeigen. Die Tatsache, dass auf wenigen Kilometern völlig unterschiedliche Regeln herrschen, bedeutet nicht etwa, dass die Umstände auf beiden Rheinufern so unterschiedlich sind, sondern nur, dass unsere politisch Verantwortlichen auch nach 2 Jahren der Pandemie nicht begriffen haben, dass man diese Pandemie entweder gemeinsam bekämpft oder eben akzeptiert, dass sie endlos weitergehen wird. Feiern Sie den Advent daheim, gehen Sie im Wald spazieren und schonen sie die Elsässer, die schon bald wieder mit den Realitäten dieser Pandemie konfrontiert sein werden.

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