Und schon ist der Sanitär-Pass weg…

Seit gestern ist der „Sanitär-Pass“, das Sesam-öffne-dich zum sozialen Leben in Frankreich, für viele ungültig geworden. Trotz zwei Impfdosen. Und schon haben wir den Impfzwang.

Ohne dritte Dosis sind über 65jährige seit Mittwoch Parias der französischen Gesellschaft. Foto: Tim Reckmann from Hamm, Deutschland / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Ohne den Sanitär-Pass geht in Frankreich kaum noch etwas. Der Nachweis, dass man entweder ein komplettes Impf-Schema hat, vom Covid genesen ist oder innerhalb der letzten 24 Stunden einen negativen Test gemacht hat, ist die Voraussetzung, um weiter am öffentlichen Leben teilzuhaben. Doch die einzige Strategie zur Bekämpfung der Pandemie ist nach wie vor die Verabreichung von so vielen Impfdosen wie möglich und nötig, da die verwendeten Impfstoffe leider nicht die gewünschten Ergebnisse bringen. Für Menschen über 65, deren zweite Impfdosis vor dem 17. Mai verabreicht wurde, die aber (noch?) keine dritte Dosis erhalten haben, ist seit gestern das Leben wieder sehr beschränkt, denn ihr Sanitär-Pass wurde schlicht und ergreifend ungültig.

Natürlich heißt dieses System nicht „Impfzwang“, denn wer „Impfzwang“ sagt, muss auch in die Haftung gehen, was nach wie vor weder die Hersteller der Impfstoffe wollen, noch der Staat, der diese Impfdosen vorschreibt. Nicht zwingend, denn noch dürfen sich die Menschen ja aussuchen, ob sie zu Parias der Gesellschaft werden wollen oder nicht. Eine seltsame Wahl für Menschen, die bisher treu und brav das getan haben, was man ihnen vorgeschrieben hatte.

Dass die Verabreichung einer dritten Dose deshalb erfolgen soll, weil die bisherigen beiden Dosen nicht das gehalten haben, was versprochen worden war, erklärt den Vertrauensverlust, wenn heute die gleichen Politiker vor den Kameras stehen und die gleichen vollmundigen Versprechungen zu dieser dritten Dosis abgeben, wie sie es auch für die zweite getan hatten. Während gleichzeitig in Ländern, die in der Impfung schneller unterwegs sind, die vierte Dosis vorbereiten, was auch nicht gerade dafür spricht, dass diese dritte Dosis der Weisheit letzter Schluss ist.

Und erneut wiederholt man die Kommunikations-Fehler der Vergangenheit, indem man den alten Slogan bemüht „Schützen Sie sich und andere“. Dass dies zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem Europa mit Inzidenzen zu tun hat, die es bislang noch nicht gegeben hatte, wirft Fragen auf, die wie immer unbeantwortet bleiben. In vielen Ländern ist die Impfquote bereits sehr hoch und kratzt an Werte, von denen man in den letzten beiden Jahren eine „kollektive Immunität“ versprochen hatte. Doch obwohl damit die Länder weitgehend geschützt sein sollten, explodieren gerade die Inzidenz-Zahlen.

Sehr wahrscheinlich helfen diese Impfungen gegen schwere Verläufe, wenn man sich mit dem Virus infiziert. Doch könnten diese Zwänge bei vielen, die sich diese Fragen stellen, alles andere auslösen als tiefes Vertrauen in die Anordnungen ihrer Regierungen.

Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen, die bisher das getan haben, was von ihnen verlangt wurde, führt zu einer Spaltung der Gesellschaft, die deutlich schwieriger zu überwinden sein wird als die eigentliche Pandemie. Der Kardinalfehler war es, die Tests kostenpflichtig zu machen und damit die Ausbreitung des Virus in den Untergrund zu schicken, wo man sie nicht mehr messen und vor allem, nicht mehr antizipieren kann.

Es wird für diese Situation eine Lösung geben müssen, die anders aussehen muss, als die Gesellschaft weiter zu spalten. Es gibt zwei Gründe, die für eine Impfung sprechen – im Idealfall der Schutz der eigenen Person und eine mögliche Entlastung der Krankenhäuser. Kann man das nicht genau so kommunizieren? Ohne dabei das seit zwei Jahren andauernde schlechte Management dieser Krise denjenigen in die Schuhe zu schieben, die sich (bisher?) weigern, sich impfen zu lassen?

Wenn sich Politik, Impfstoff-Hersteller und „Experten“ so sicher sind, dass diese Impfstoffe das erfüllen, was sie versprechen, warum nicht eine Haftung und Garantie für die Produkte übernehmen? Wer würde ein Auto kaufen, dessen Hersteller zusagt, dass es zu 70 % zuverlässig auf der Straße funktioniert und es „nur“ bei 30 % der Fahrten zu unvorhergesehenen Unfällen kommt und der Hersteller daher keine Garantie für sein Fahrzeug übernehmen will?

Fragen über Fragen, eine Kakophonie der Antworten, mit Gutachten, Gegen-Gutachten, Gegen-Gegen-Gutachten und niemand blickt mehr durch. Sich nun unter Zwang zum dritten Mal impfen zu lassen, das bedeutet nicht, dass die Menschen „überzeugt“ sind, sondern dass sie unter der Drohung agieren, nicht mehr zu dieser Gesellschaft zu gehören und weiter stigmatisiert zu werden.

Aber so ist es nun und diese Entwicklung wird kaum noch aufzuhalten sein. Und wenn die Politik beschließt, künftig auch Neugeborene zu impfen, dann wird auch das geschehen. Doch der gesellschaftliche Schaden, der durch dieses Vorgehen angerichtet wird, wird uns auf Jahre beschäftigen und zu einer steigenden Radikalisierung der Impfzweifler führen, so, wie man es momentan fast überall in Europa beobachten kann. Dieser Entwicklung sollte man entgegensteuern. Der Ausschluss von Menschen, deren Impf-Schema nicht dem entspricht, was die Politik will, kann langfristig keine Lösung sein. Schon gar nicht zu Zeiten, in denen an vielen Stellen neue Cluster bei Veranstaltungen im Format „2G+“ entstehen. Die Impfungen zu promoten, ist natürlich völlig in Ordnung, die Spaltung der Gesellschaft ist es nicht.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste