Und warum kein Schuldenerlass?

Die Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft bestehen aus neuen, großen Kreditprogrammen. Wer Kredit sagt, meint auch Schulden. Doch die werden immer theoretischer.

Müssen wir tatsächlich unsere Gesellschaften den Interessen einer schlecht funktionierenden Finanzwirtschaft opfern? Foto: Sparkx11 at English Wikipedia / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Halten wir es mal mit Professor Bömmel aus der „Feuerwangenbowle“ und stellen wir die einfachen Fragen. „Stelle mer uns mal janz dumm“. Alle Länder dieser Welt haben Schulden. Bei wem? Natürlich bei den Banken und das wiederum wirft neue Fragen auf – wenn alle Länder dieser Welt Schulden bei Banken haben, warum müssen wir dann alle paar Jahre mit unvorstellbaren Summen deren Zockverluste im Investment-Bereich ausgleichen, wo es mittlerweile die abstrusesten Finanzprodukte gibt, bei denen die Investment-Bänker nichts anderes tun, als auf steigende oder fallende Kurse zu wetten?

Unsere Wirtschaft hat sich von einer „Realwirtschaft“ zu einer „Finanzmarkt-Wirtschaft“ entwickelt und dass diese Ausrichtung nicht richtig ist, dass sieht man alle paar Jahre an den Börsen-Crashs, deren Verluste dann von der Allgemeinheit getragen werden müssen, da die Zocker ja als „systemrelevant“ eingestuft werden. In guten Zeiten, in denen sie hohe Gewinne erzielen, werden diese natürlich in die eigene Tasche gesteckt.

Die Schulden, die alle Staaten angehäuft haben, sind mittlerweile vor allem theoretischer Natur. Kein Land kann Überschüsse erwirtschaften, mit denen diese Schulden zurückgezahlt werden können. Womit wir dann in der „Zinswirtschaft“ angekommen wären. Erinnern wir uns an die Griechenlandkrise zurück, als Kredite zu Wucherzinsen und häufig gekoppelt an den Befehl des Ankaufs militärischer Güter gewährt wurden. Ein großer Teil der gewährten „Hilfskredite“ landete als Zinsen auf den Konten europäischer Großbanken und nur ein verschwindend geringer Teil tauchte tatsächlich im griechischen Haushalt auf. Griechenland wurde keine Wahl gelassen und das Land musste unter dem Druck der „Troika“ alles verscherbeln, was noch Gewinne erwirtschaften konnte. Stelle mer uns mal janz dumm – ist es das, war wir wirklich wollen?

Die aktuelle Krise und vor allem, die nachfolgende Wirtschaftskrise, die voraussichtlich die größte seit dem II. Weltkrieg sein wird, sollte ein Moment sein, alles zu hinterfragen, was momentan schief läuft. So auch die grundlegende Ausrichtung eines Wirtschaftssystems, das sich weitgehend selbständig gemacht hat und heute den Staaten diktiert, was diese zu tun und zu lassen haben.

Vielleicht ist dies der Moment, über die Rolle des Staats nachzudenken, wie es die SPD in den 80er Jahren mit dem Konzept des „Stamokap“, des staats-monopolistischen Kapitalismus angedacht hatte. Ein Finanzsystem, dass sehr wenige sehr reich macht und selbst beim Versagen abgepolstert ist, dafür aber sehr viele in der Armut verharren lässt, kann nicht richtig sein. Man sollte innehalten und genau nachdenken, in was für einer Welt wir eigentlich leben wollen. Man sagt uns zwar, dass dieses System „alternativlos“ sei, doch ist es das nicht. Jedes vom Menschen gemachte System kann auch vom Menschen wieder aufgelöst werden und vielleicht ist dies der richtige Zeitpunkt, das auch zu tun. In vielen Ländern hat das Umdenken bereits begonnen, Papst Franziskus hat die Staatengemeinschaft bereits aufgerufen, den ärmeren Ländern sofort einen Schuldenerlass zu gewähren und da man dem Papst wohl kaum kommunistische Tendenzen vorwerfen kann, sollte man jetzt darüber nachdenken, was man anders machen kann. Viel schlechter kann es ja wohl kaum werden.

2 Kommentare zu Und warum kein Schuldenerlass?

  1. Bleibt zu hoffen, dass viele Menschen sich diese und ähnliche Gedanken machen (sapere aude!) und dass wir als Menschheit vorankommen.

    • Das sollte natuerlich “sapere aude” heissen u das mit ess zett sein… (Kann man hier die Kommentare editieren?)

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