Und was macht Frankreichs Linke jetzt?

Ganz Frankreich ist einer Meinung – François Hollande hat völlig Recht, sich nicht erneut zur Wahl für das Präsidentenamt zu bewerben. Aber was macht Frankreichs Linke nun?

Von den Sozialisten hat der konservative Kandidat François Fillon nicht viel zu befürchten - die PS ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Foto: G. Garitan / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Selten waren sich die Franzosen so einig wie in der Bewertung des Rückzugs von Präsident François Hollande – 94 % der Franzosen sind der Ansicht, dass dies genau die richtige Entscheidung war. Und somit stellt sich die Frage, was Frankreichs Linke nun tun will, um wenigstens eine kleine Rolle in dem Duell zwischen dem stramm rechten Putin-Freund François Fillon und der Rechtsextremen Marine Le Pen zu spielen. Dort, wo man nun Einigkeit und Dynamik erwartet, verhält sich Frankreichs Linke wie ein Luftballon, dem die letzten Reste an Luft ausgehen.

Im Januar beginnt die Vorwahl der Linken und diese wird genauso verheerend werden wie die der Konservativen. Klar, der ehrgeizige Premierminister Manuel Valls würde gerne seinen Chef beerben, nur kann er argumentieren, wie er will, er trägt die Verantwortung für das Scheitern seiner Regierung. Da fällt es schwer Argumente zu finden, wieso er künftig alles richtig machen will, nachdem er bereits die Gelegenheit dazu nicht wahrgenommen hat.

Interessant wäre es, wenn sich die politischen Kräfte links der Konservativen zusammenfänden, einschließlich der in Frankreich relativ starken Zentrumskräfte, doch nach wie vor reibt sich die Sozialistische Partei (PS) in Flügelkämpfen und ideologischen Streitereien auf. Von Einigkeit keine Spur. Dabei gäbe es durchaus talentierte PolitikerInnen bei den Sozialisten, wie beispielsweise die frühere Justizministerin Christine Taubira, die ihr Amt niederlegte, nachdem Manuel Valls das hoch umstrittene neue Arbeitsgesetz mit einem Verfassungstrick am Parlament vorbeigeschleust hatte. Doch dürfte Taubira den Apparatschiks der Sozialisten ein Dorn im Auge sein, die Frau denkt zu unabhängig und gerade und so viel eigenes Denken kommt bei der PS nicht richtig gut an.

Die große Unbekannte bleibt der frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Der ehemalige Rothschild-Bänker hat zwar den Vorteil, dass er mit 38 Jahren jung genug ist, um etwas Neues darzustellen, doch haftet ihm das Stigma des Verrats an. Er hatte die Regierung, der er ja angehörte, im Stich gelassen, um seine eigene politische Bewegung „En Marche“ („Auf geht’s“) zu gründen – als ob er als Wirtschaftsminister nichts mit der wenig erfreulichen wirtschaftlichen Lage des Landes zu tun hätte.

Im Grunde ist es völlig unverständlich, dass Frankreichs Linke nicht das Momentum genutzt hat, das sich während und nach der Vorwahl der Konservativen anbot – diese waren völlig zerstritten und es wäre ein Leichtes gewesen, in dieser Situation eine geeinte, starke und dynamische Linke als Alternative anzubieten. Doch auch diese Chance haben die Sozialisten verpasst. Und somit steuert Frankreich unaufhaltsam auf seinen nächsten Rechtsruck zu – genau wie viele andere Länder Europas. Kühle Zeiten erwarten uns alle…

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