Und was passiert morgen in Frankreich?

Der 1. Mai dürfte dieses Jahr in Frankreich ein ganz besonderer Tag werden, denn an diesem 1. Mai wird ganz Frankreich auf die Straße gehen, um gegen die Rentenreform und Präsident Macron zu demonstrieren.

"Macron, hau ab" - das dürfte morgen am 1. Mai die Hauptforderung von Millionen Franzosen sein... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Die Spannung vor dem morgigen 1. Mai steigt und man rechnet allgemein mit den größten Demonstrationen seit dem Ende des II. Weltkriegs. Zwar hat Präsident Macron inzwischen seine mehr als heftig kritisierte Rentenreform mit Hilfe einiger Verfassungstricks am Parlament vorbei geschleust und wie ein Alleinherrscher in Kraft gesetzt, doch anders, als man das in den Pariser Palästen der Macht gerne hätte, ist die Geschichte noch lange nicht vorbei. Zwar hat Macron salbungsvoll angekündigt, dass er das Land „in 100 Tagen befrieden“ will, doch hat er die Rechnung nicht mit der Empörung der Franzosen gemacht und man hat immer mehr das Gefühl, als verstünde er seine Landsleute überhaupt nicht. Und genau das werden ihm die Franzosen morgen mitteilen.

Die Wut der Franzosen resultiert gleich aus mehreren Dingen. Zum einen wird die Rentenreform in der nun von Macron beschlossenen Form als sehr fehlerhaft betrachtet und dafür gibt es gute Gründe. Doch was die Franzosen am meisten auf die Palme treibt, ist die unglaubliche Arroganz Macrons und seiner Erfüllungsgehilfen, angesichts derer sich die Franzosen zurecht hilflos fühlen, ausgeliefert einem Präsidenten, der in erster Linie für sich und seine Finanzpartner arbeitet, dem aber die Interessen seiner Landsleute völlig egal sind. Dass das Aushebeln der demokratischen Institutionen, das Durchziehen einer von bis zu 90 % der arbeitenden Bevölkerung abgelehnten Reform und die arroganten und provokanten Ausfälle dieses Präsidenten den Puls der Franzosen hochtreiben, ist nachvollziehbar. Daher muss man damit rechnen, dass am morgigen 1. Mai erneut Millionen Franzosen auf die Straße gehen und ihrem Unmut laufstark Luft machen.

Ja, es wird laut werden. Denn das Stilmittel dieser seit Anfang an friedlichen Gewerkschafts-Demonstrationen ist das Trommeln auf Kochtöpfen, das in Frankreich mehrdeutig ist. Denn im Französischen gibt es den Ausdruck „traîner des casserolles“, was soviel bedeutet wie „Kopftöpfe hinter sich herziehen“ heißt und für Politiker verwendet wird, die Skandale hinter sich herziehen. Und das ist bei Macron und seinen reihenweise verschlissenen Ministern gang und gäbe. Da wird es auch nicht viel nützen, dass die Statthalter der Zentralregierung in den Regionen, die Präfekten, Kochtöpfe flugs zu „tragbaren Lärmgeräten“ deklariert haben und teilweise sogar deren Beschlagnahmung angeordnet haben. Ein Präsident, der sich vor Kochtöpfen fürchtet? So etwas Jämmerliches hat die V. Republik noch nicht erlebt…

Zwar sind Macron und sein Innenminister der Ansicht, dass „sie [die Franzosen] die Rentenreform mittlerweile geschluckt haben“, doch ist diese Einschätzung nur ein weiterer Beweis, dass man in den samtigen Hallen der Macht in Paris völlig den Bezug zu den Realitäten im Land verloren hat. Macrons jüngste Tour durch Frankreich war der wohl schlechtestmögliche Beginn der „100 Tage Befriedung“. Macron genoß sichtlich seinen „Sieg“ über die Franzosen, verhöhnte die Demonstranten und goß munter weiter Öl ins Feuer. Viel mehr kann er auch nicht.

Was am 1. Mai passieren wird, ist klar. Macron wird sämtliche Polizeikräfte des Landes mobilisieren, mit der Anweisung, auf alles einzuprügeln, was sich bewegt, dann werden seine Statthalter lächerlich gefälschte Zahlen zur Anzahl der Demonstranten verkünden und seine Vasallen werden sich Mühe geben, die Millionen Demonstranten in die Ecke von Staatsfeinden zu rücken. Das ist seit 2018 so ziemlich die einzige Art, wie Macron mit Kritik und Opposition umgeht.

Und wie geht es danach weiter? Die „Scheidung“ zwischen Macron und den Franzosen wird morgen sichtbar vollzogen werden und dann warten „vier Jahre ohne Volk“ auf den Präsidenten, der nun auf den Geschmack gekommen ist und den Franzosen in nächster Zeit eine Reform nach der anderen aufs Auge drücken will. Dass er dabei nicht auf Zustimmung und Akzeptanz der Franzosen treffen wird, ist klar. Für Frankreich wäre es das Beste, würde dieser Präsident mit seiner Regierung zurücktreten, da er ganz offensichtlich der Aufgabe, Frankreich im Sinne der Franzosen zu führen, nicht gewachsen ist. Doch wäre Macrons Anliegen, das Beste für seine Landsleute zu tun, dann hätte man das seit 2018 gemerkt. Und so steuert dieser Präsident Frankreich in eine Art Dauerkrise, deren Ende nicht abzusehen ist.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste