Und was sagt der 11. November Ihnen persönlich?

Wie jedes Jahr schweigt sich Deutschland zum 11. November aus. Am 11. November 1918 kapitulierte Deutschland und der I. Weltkrieg war vorbei.

Krieg führt nie zu Glück und Zufriedenheit, sondern geradewegs ins Grab. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Seit Jahren wird die gleiche Diskussion geführt – der 11. November ist ein Feiertag in vielen Ländern und in Deutschland schweigt man sich aus, als habe man den verlorenen I. Weltkrieg immer noch nicht verarbeitet. Die Mehrheit der Deutschen kann mit diesem Datum rein gar nichts mehr verbinden. Doch 101 Jahre später sollte man doch eigentlich so weit sein, diesen Tag auch in Deutschland als etwas Positives zu empfinden, als die Beendigung eines grausamen Gemetzels, das rund 20 Millionen Menschen das Leben kostete. Und wie jedes Jahr wiederholen wir unseren Vorschlag, den 11. November und den 8. Mai (Tag der deutschen Kapitulation am Ende des II. Weltkriegs am 8. Mai 1945) zu „Internationalen Tagen des Friedens“ umzudeklarieren.

Dabei muss man aber auch festhalten, dass es unendlich wichtig ist, neue Formen der Gedächtnisarbeit zu finden, mit denen auch junge Generationen angesprochen werden können. Wie wichtig das ist, erkennt man daran, dass wieder überall in Europa, aber ganz besonders in Deutschland, Neonationalisten Angst und Schrecken in der Bevölkerung verbreiten, sich aggressiv gegenüber Minderheiten verhalten und sich in allen möglichen obskuren „Wehrsportgruppen“ auf militante Auseinandersetzungen vorbereiten. Je weiter wir uns von diesen schrecklichen Kriegen entfernen, desto mehr verlieren diese ihren Schrecken und die bisherige Art der Gedächtnisarbeit, die weitgehend darin besteht, dass honorige Veteranen frierend und mit Orden behangen stundenlang mit ihren Fahnen in der Kälte zittern, während die Ehrengäste ihre üblichen „Nie wieder Krieg!“-Reden zum Besten geben. So verständlich diese Art der Zeremonie auch sein mag, sie erreicht heute fast niemanden mehr.

Das Verschweigen dieses Datums hat in Deutschland dazu geführt, dass in den jungen Generationen praktisch niemand mehr über den I. Weltkrieg Bescheid weiß und schlimmer noch, diese Unkenntnis allen möglichen Revisionisten Vorschub leistet, die inzwischen wieder unwidersprochen behaupten können, Deutschland sei gar nicht an diesem I. Weltkrieg Schuld gewesen. Doch der Verweis auf die Ermordung des österreichischen Kronprinzen und seiner Frau in Sarajevo war nur ein Auslöser – in den Tagen danach war es nicht zwingend, diesen Krieg vom Zaum zu brechen. Doch Deutschland wollte 1914 mehrere Dinge mit diesem Krieg erreichen, und die hatten weder mit Österreich, noch mit Serbien zu tun – Deutschland interessierte sich für die Vorherrschaft auf dem Kontinent und auch für die Vorherrschaft auf den Weltmeeren und da kam der Vorwand des Mordes in Sarajevo Kaiser Wilhelm II. und seinen kriegstreibenden Generälen gerade Recht – und viele dieser Generäle spielten dann auch im II. Weltkrieg eine sehr unrühmliche Rolle.

Es geht am 11. November nicht darum, die deutsche „Niederlage“ zu begehen, sondern darum, des Endes eines mörderischen Kriegs zu gedenken, bei dem, wie immer, in erster Linie die Zivilbevölkerung leiden musste und sich gleichzeitig die Hersteller von Kriegswaffen in Deutschland und anderswo die Taschen füllten.

Und während überall auf der Welt, auch in unseren Ländern, schon wieder die Kriegstreiber die Trommel rühren und uns im gleichen Atemzug versichern, dass sie „nie wieder Krieg“ wollen, aber Krieg leider auch „alternativlos“ sei, in einer Zeit, in der wir 2 % unseres Bruttosozialprojekts in die Rüstung investieren, statt dieses Geld in den sozialen Umbau unserer Gesellschaften zu stecken, in dieser Zeit, in der Extremisten aller Couleur den Hass auf Minderheiten schüren, genau in dieser Zeit ist es so wichtig, solche Tage wie den 11. November und den 8. Mai gemeinsam zu begehen. Rund um solche Tage müssen die Schulen den Kindern erklären, dass Krieg nicht auf Bildschirmen, sondern im richtigen Leben stattfindet und unendliches Leid auslöst. Und dass es nicht süß und ehrenvoll ist, fürs Vaterland auf dem Schlachtfeld zu sterben, sondern dass es entsetzlich und grausam ist, für die Interessen der ewig Reichen und Mächtigen zu verrecken.

Wann endlich wird der 11. November auch in Deutschland zu einem Tag des Gedenkens und der entschiedenen Ablehnung des Kriegs?

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