Und was soll jetzt so gut für Europa sein?
Alle strotzen vor Optimismus – dank des guten Verständnisses zwischen Emmanuel Macron und Angela Merkel soll alles gut werden. Wirklich?
(KL) – Wir haben gelernt bescheiden zu sein. Heute reicht es schon, nicht als ausgewiesener Europafeind wie Nigel Farage zu sprechen, um als Pro-Europäer gefeiert zu werden. Emmanuel Macron ist dafür ein gutes Beispiel, oder auch das alte, neue Traum-Duo Angela Merkel und Martin Schulz. Alles gute Pro-Europäer. Allerdings hinterfragt kaum noch jemand, was für ein Europa diese „guten Europäer“ eigentlich bauen wollen. Und das ist vielleicht auch besser so.
Mehr Europa. Europa muss eine gewichtigere Rolle spielen. Unsere Zukunft ist untrennbar mit derjenigen Europas verbunden. Wir müssen die Menschen mitnehmen. Europa stärken. Ein eindeutiges Bekenntnis für Europa. Man kann das Bla-Bla nicht mehr hören. Während die rund 500 Millionen Europäerinnen und Europäer darauf warten, dass endlich ein soziales, solidarisches und humanistisch orientiertes Europa entsteht, machen die Verantwortlichen dort weiter, wo sie immer schon waren – im politischen Niemandsland.
Im Zeitalter der politischen Kommunikation dürfen wir zwar ab und zu bei medienwirksamen Events wie der Ankündigung einer Europäischen Armee mitjubeln, doch sind alle herzlich eingeladen, nicht an der Oberfläche zu kratzen. Denn wenn man bedenkt, mit welchen Schwierigkeiten beispielsweise die Deutsch-Französische Brigade zu kämpfen hat, angefangen bei der Inkompatibilität wichtiger Ausrüstungselemente von verschiedenen Herstellern bis hin zu unterschiedlichen Kommandostrukturen, dann könnte man sich vorstellen, dass auch eine Europäische Armee mit solchen Problemen zu kämpfen haben wird. Aber immerhin, solche Aktionen führen dazu, dass die Menschen glauben, es täte sich etwas.
Abgesehen davon, dass es überhaupt kein politisches Europa gibt, in dem so etwas wie eine gemeinsame Politik erarbeitet wird, ist völlig unklar, was für ein Europa sich die Entscheider in Paris und Berlin heute wünschen. Alles deutet darauf hin, dass sich im institutionellen Europa nicht viel ändern wird, schon gar nicht im Bereich einer solidarischen europäischen Sozialpolitik. Der Wirtschaftsliberale Macron hat in Angela Merkel eine treue Verbündete, wenn es darum geht, eine Politik zu führen, mit der die Interessen der „Märkte“ bedient werden, wobei diese Interessen in der Regel denjenigen der Bürgerinnen und Bürger zuwider laufen.
Emmanuel Macron und Angela Merkel werden schon konkret werden müssen, wenn es um die Zukunft Europas geht. Mit Allgemeinplätzen wie „Mehr Europa!“ kann heute niemand mehr etwas anfangen – es ist an der Zeit, die europäischen Reformen wirklich anzugehen.
Nicht einmal eine grundlegende Ausrichtung Europas ist heute noch klar – in den Visegrad-Staaten hält man Europa für eine Subventionsmaschine, die sich nach erfolgter Überweisung der Subventionen bitteschön aus allen herauszuhalten hat, die Briten verabschieden sich gerade, in Paris wünscht man sich ein starkes intergouvernementales Europa (also genau das Europa, das seit Jahrzehnten nicht mehr funktioniert) und in Berlin will man ein Europa, das möglichst die deutschen Interessen umsetzen soll. Klasse. Das ist genau das Europa, das sich die Menschen nicht wünschen.
Das „Augen zu und weiter so“ muss endlich ein Ende finden. Europa muss von Grund auf reformiert werden, als föderales System mit einem demokratisch gewählten Parlament, eventuell einer zweiten Kammer, aber ohne Europäische Kommission und ohne Europäischen Rat. So, wie es gerade läuft, bereitet man in den europäischen Ländern gerade den roten Teppich für die Neonationalisten vor – wenn die Europa in die Hände bekommen, ist die nächste europäische Katastrophe vorprogrammiert.
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