Und weiter geht’s mit den Streiks

Nach dem Lokführerstreik und dem Streik des Sicherheitspersonals an den deutschen Flughäfen, geht es heute mit dem Öffentlichen Nahverkehr weiter. Fast bundesweit.

Heute bleiben die meisten Busse und Strassenbahnen in den Depots... Foto: Vitaly Volkov / Волков Виталий Сергеевич / Wikimedia Commons / CC-BY 2.5

(KL) – Es sind Zustände, wie man sie vor Jahren eigentlich nur aus Italien und Frankreich kannte – Streikwellen, die das ganze Land betreffen und ein Streik jagt den anderen. Erst waren es die Lokführer, dann das Sicherheitspersonal an den Flughäfen und nun also der Öffentliche Nahverkehr, der heute fast bundesweit „Warnstreiks“ erleben wird. Organisiert werden diese Streiks erneut von der Gewerkschaft ver.di und insbesondere Berufspendler, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, haben wieder einmal schlechte Karten.

Nach Jahren der Kampagnen, mit denen Autofahrer eingeladen wurden, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, haben das auch viele Menschen getan. Doch in Zeiten der Streiks, von denen nun einer auf den anderen folgt, war das nicht die beste Wahl, denn Arbeitnehmer, die aufgrund von Streiks nicht oder nur verspätet zur Arbeit kommen, haben keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. „Keine Arbeit, kein Geld“, lautet die einfache Formel, auf die Arbeitsrechtler hinweisen.

Dazu raten die gleichen Arbeitsrechtler, sich rechtzeitig mit dem Arbeitgeber abzustimmen und auf dessen Kulanz zu hoffen. So besteht für viele Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Telearbeit, doch besteht kein Anspruch darauf, von zuhause arbeiten zu können. Und schwierig wird es dann, wenn ein Streik wie heute nur ganz kurzfristig angesetzt wird und es kaum Gelegenheit zu solchen Absprachen mit dem Arbeitgeber gibt.

Und warum streikt der Öffentliche Nahverkehr? Zwar laufen die Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und öffentlichen Arbeitgebern parallel in allen Bundesländern, doch sind die Forderungen sehr unterschiedlich. In einigen Bundesländern wie Brandenburg, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen geht es um Lohnerhöhungen (ver.di fordert 20 % oder mindestens 650 € pro Mitarbeiter und das bei einer Laufzeit von 12 Monaten). Anderswo geht es um mehr Ruhezeiten und andere Rahmenbedingungen.

Doch ähnlich wie bei der Bahn streiken nun die Mitarbeiter im Nahverkehr nicht etwa gegen einen Arbeitgeber, sondern gegen die Allgemeinheit. Denn die öffentlichen Arbeitgeber sind faktisch lediglich Verwalter öffentlicher Gelder, also der Steuergelder, die von der Allgemeinheit gezahlt werden. Und diese Allgemeinheit wird irgendwann sauer werden, denn Lohn- und Gehaltssteigerungen im zweistelligen Bereich bekommt momentan niemand und auch die von den Gewerkschaften beispielsweise mit der Bahn ausgehandelten „Inflationsprämien“ werden von einer Allgemeinheit bezahlt, die selbst nicht im entferntesten solche Prämien erhält.

Diese Steiks zu einem unruhigen Jahresbeginn verraten vor allem eines – die Auswirkungen der Weltkrisen sind auch bei uns angekommen. Nimmt man jetzt noch die Bauernproteste dazu, die inzwischen ein europäisches Phänomen geworden sind, dann merkt man, dass die europäischen Gesellschaften in Aufruhr sind und dass es kaum noch möglich ist, sinnvolle politische Antworten auf diese Problemstellungen zu finden.

Mit weiteren Streiks, auch in anderen Berufsständen, wird man rechnen müssen. Und auch damit, dass die Proteste und Streiks immer militanter werden, denn wenn die Politik keine Antworten auf die sozialen Spannungen liefert, wird die Straße der Schauplatz aller künftigen Spannungen sein. 2024, noch dazu mit der anstehenden Europawahl, wird ein sehr unruhiges Jahr werden.

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