Und wer hat am Ende Recht?

Praktisch alle europäischen Länder setzen ihre eigenen Corona-Maßnahmen durch. Diese sind so unterschiedlich, als würde in jedem Land ein anderes Virus grassieren.

überall wird versucht, das Virus in den Griff zu bekommen. Aber wer wird es schaffen? Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Dieser Tage durch Europa zu reisen ist eine interessante Angelegenheit. In allen Ländern geht es unterschiedlich zu und die psychologische Verfassung der Völker Europas ist massiv angeschlagen. Allerdings gibt es auch Länder, in denen man auf einen entspannteren Umgang mit dem Coronavirus setzt, was sich auf die Stimmung in diesen Ländern auswirkt, doch kann niemand sagen, ob die Taktik des eher lockeren Umgangs erfolgreich ist.

In Frankreich werden gerade erst wieder die Maßnahmen verschärft, da man aktuell die höchsten Infektionszahlen seit Aufhebung des Lockdowns verzeichnet – rund 2500 Neuinfektionen pro Tag sind eine Menge. Daher sind der Großraum Paris und Marseille nun wieder als Hot Spots deklariert worden und an den weltberühmten Sehenswürdigkeiten in Paris herrscht strenge Maskenpflicht, auch im Freien. Bei der aktuellen Sommerhitze eine Tortur…

In Luxemburg herrscht Maskenpflicht in allen geschlossenen Räumen und die Menschen beäugen sich misstrauisch. Jeder Maskenträger ist ein potentieller Gefährder und die Menschen vermeiden Begegnungen mit anderen Menschen. Immerhin gehört Luxemburg zu den Ländern, in denen die Infektionszahlen hoch sind. Stimmung mau. Aber die Maskenpflicht wird respektiert.

Noch heftiger ist es in Belgien, wo die Provinz Antwerpen im roten Bereich ist und als Risikozone erster Güte betrachtet wird. Auf Besucher legt man hier wenig Wert. Maskenpflicht herrscht in vielen Städten und wie in Luxemburg wird der Mitmensch vorwiegend als eine ambulante Gefahr wahrgenommen.

Und dann Holland. Keine Masken. Die ganz wenigen Menschen, die eine Maske tragen, sind Touristen aus Belgien oder Deutschland. Man legt Wert auf einen Abstand von 1,50 bis 2,00 Metern, aber das hat schon etwas von hehrer Absicht, denn in der Praxis halten sich nur wenige daran. In den Geschäften legt man Wert darauf, dass nur eine geringe Anzahl Kunden gleichzeitig im Geschäft ist und das respektieren die Kunden. Seltsam ist es in Bars, Cafés und Restaurants, wo die Gäste ellenlange Fragelisten ausfüllen müssen (neben der Angabe der persönlichen Kontaktdaten). Schlauerweise sind diese Fragebögen auf Niederländisch verfasst, also in einer Sprache, die außer den rund 17 Millionen Niederländern keiner versteht. Aber – ohne Masken ist der Umgang der Menschen miteinander freundlich, normal.

Ausnahme – Amsterdam. Hier herrscht, wie in Paris, Maskenpflicht an belebten Plätzen und die Regierung fordert Besucher auf, von Wochenendbesuchen Abstand zu nehmen und lieber unter der Woche nach Amsterdam zu kommen. Insofern ist die Situation in den Niederlanden vergleichbar mit der Situation in Frankreich und in anderen Ländern – es gibt keine landesweit einheitliche Regelung – und es wird immer schwerer den Durchblick zu behalten, was wo Vorschrift ist und was nicht.

Vier Länder – vier unterschiedliche Covid-Strategien. Das einzige dieser Länder, in denen die Atmosphäre freundlich und normal ist, sind die Niederlande. Die Strategie des Landes ähnelt derjenigen in Schweden und Großbritannien. Aber ist diese Strategie auch erfolgreich? Oder werden die Franzosen, Belgier und Luxemburger am Ende besser aus der Krise kommen.

Von der psychologischen Seite her sind die Menschen in den Ländern mit Maskenpflicht aggressiver, misstrauisch, wenig geneigt, freundlich zu sein. Es wird lange dauern, dieses Ur-Misstrauen in seine Mitmenschen wieder abzubauen und zu einem normalen Umgang miteinander zurückzukehren. Aber rettet die Maske Leben? Wenn ja, ist es ein Kollateralschaden, dass die Stimmung in diesen Ländern kippt. In den Niederlanden ist zwar die Stimmung sehr freundlich, doch ist das Nichttragen von Masken am Ende das Element, dass dieses Virus einmal quer durch die gesamte Gesellschaft jagt?

Fakt ist, dass alle Länder dieses Virus ernst nehmen. Unverständlich bleibt, dass es nicht möglich ist, eine europaweit einheitliche Strategie für den Umgang mit dieser Krise zu finden. Theoretisch handelt es sich überall in Europa um das gleiche Virus. Warum gibt es bei einem identischen Problem 27 verschiedene Lösungsstrategien, von denen bislang keine einzige richtig funktioniert? Wieso gibt es keine einheitliche europäische Strategie?

Wir nähern uns dem Ende des Sommers und überall steigen die Fallzahlen wieder. Wo werden wir am Ende des Jahres stehen?

1 Kommentar zu Und wer hat am Ende Recht?

  1. Im Prinzip können heute besondere Regeln in jedem Viertel, jeder Stadt und jedem Kreis gelten. Die Idee ist jeden generellen Lockdown vermeiden zu wollen.

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