Und wie demokratisch ist das?

Das „Patensystem“, nach dem in Frankreich Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 500 Patenschaften sammeln müssen, zeigt ein Demokratie-Defizit auf.

Da stehen nun etliche Kandidaten und warten auf ihre Patenschaften. Ob die noch kommen? Foto: Jean-Pierre Dalbéra from Paris, France / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Am 4. März um 18 Uhr ist es so weit – dann müssen alle Kandidatinnen und Kandidaten für die Präsidentschaftswahl ihre 500 Patenschaften einreichen, um kandidieren zu dürfen. Solche Patenschaften können von gewählten Mandatsträgern ausgestellt werden, wobei diese ihre Patenschaft öffentlich machen müssen. Konsequenz – zahlreiche aussichtslose Kandidatinnen und Kandidaten haben ihre 500 Patenschaften, aber keinerlei Rückhalt in der Wählerschaft, dafür werden einige Kandidaten, die auf Werte über 10 % kommen werden, keine ausreichende Anzahl Patenschaften und dürfen, wenn sie nicht noch über die magische 500 kommen, nicht zur Wahl antreten. Mit „Demokratie“ hat das nicht mehr viel zu tun.

Das Argument der Befürworter dieses Patenschafts-Systems führen an, dass dadurch verhindert würde, dass sich Krethi und Plethi zur Wahl anmelden. Nur, trotz dieses Systems treten auch dieses Jahr wieder Krethi und Plethi zur Wahl an und das Patenschafts-System hat eigentlich nur ein wirkliches Ziel – dass man unter sich bleibt und verhindert, dass neue politische Kräfte am Ende Erfolg haben könnten. Doch dieses „entre soi“ führt letztlich dazu, dass Menschen ihren Glauben an die Politik verlieren und das kann man an der Wahlbeteiligung ablesen. Nur noch rund ein Drittel der Wahlberechtigten gehen wählen und auch das führt zu Fragen nach der demokratischen Legitimierung der „Wahlgewinner“.

Das politisch gerade ohnehin stark gebeutelte Frankreich steuert in dieser Frage auf den nächsten Unruheherd zu. Denn sollten Kandidaten wie die rechtsextremen Eric Zemmour und Marine Le Pen nicht auf die erforderlichen 500 Patenschaften kommen und folglich nicht an der Wahl teilnehmen dürfen, wäre dies gleichbedeutend mit dem Ausschluss von rund einem Drittel der Wählerschaft, denn beide rechtsextremen Kandidaten kommen zusammen auf über 30 % in den Umfragen. Dabei geht es nicht um die Frage, ob einem der eine oder andere Kandidat passt, sondern es geht um die grundlegende Frage eines demokratischen Wahlsystems. Man mag sich nicht ausmalen, was in Frankreich passiert, sollten am 4. März diese Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen werden – der Protest dürfte sich dann wieder auf die Straße verlagern und zusammen mit den vielen anderen Protestbewegungen für viel Ärger sorgen.

Einmal mehr zeigt sich, dass die V. Republik ein Anachronismus ist, ein völlig überholtes System, das vor allem darauf abzielt, die Macht im Wechsel zwischen Konservativen und Sozialisten zu halten. Nur – diese beiden Formationen sind inzwischen implodiert und damit implodiert auch die V. Republik. Auch, wenn es schwer fällt, aber Frankreich muss sich reformieren. Es sei denn, man akzeptiert, dass die nächste große Veränderung in Frankreich von der Gewalt der Straße organisiert wird. Und das kann eigentlich niemand wollen…

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