Und wie soll es weitergehen?

Luftalarm in der ganzen Ukraine, Kiev erlebt die schlimmsten Angriffe seit Beginn des russischen Einmarschs. Putin feiert und droht und wie es in der Ukraine weitergehen soll, steht in den Sternen.

Irgendwann wird die ganze Ukraine so aussehen wie hier in Kiev... Foto: npu.gov.ua / Wikimedia Commons / CC-BY 4.0int

(KL) – Nach dem ukrainischen Angriff auf die russische Stadt Belgorod hat Wladimir Putin noch einen Gang hochgeschaltet. In den frühen Morgenstunden griffen gestern 16 Bomber des Typs TU-95MS überall in der Ukraine an, es wurden zahlreiche Dronen eingesetzt, aber auch 11 Raketen des Typs Kinschal und es wird deutlich, dass Russland eine weitere Eskalation des Kriegs in der Ukraine anstrebt und bereits umsetzt. Da nützt es wenig, dass Präsident Selenskij von seinen Siegesplänen für 2024 spricht, denn während Russland die Kampfhandlungen verschärft, ebbt die Unterstützung der Ukraine nach fast zwei Jahren des Kriegs ab.

Aus den USA kommen nur noch „ein paar“ Millionen und keine Milliarden mehr und sollte dieses Jahr Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt werden, dürfte die amerikanische Hilfe für die Ukraine ganz einbrechen. Die von Deutschland gelieferten Leopard-Panzer sind fast gänzlich unbrauchbar, entweder im Kampf beschädigt und nicht reparabel oder zerstört. Viele Länder beschränken ihre Hilfe inzwischen auf Winterhilfen wie Generatoren und ähnliches, zielen aber mit ihrer Hilfe auf die Zivilbevölkerung ab, die immer mehr unter Druck gerät und das nicht nur in der Ostukraine, sondern durch die Luftangriffe im ganzen Land.

Es erstaunt sogar Militärexperten, mit welcher Leichtigkeit Russland weiter mobilisiert, enorme Verluste beim Vorrücken an der Front wegsteckt und seine Positionen immer weiter absichert. Inzwischen muss man sich sogar fragen, was passiert, wenn die letzten Verteidigungslinien der ukrainischen Armee brechen, denn dann liegt freies Land vor der russischen Armee.

Fast zwei Jahre lang hat der Westen unglaubliche Summen in diesen Krieg investiert (dummerweise auf beiden Seiten…) und nun geht auch hier langsam die Puste aus. Die kritiklose Übernahme der Selenskij-Propaganda hat dabei eine realistische Einschätzung der Entwicklung dieses Kriegs verhindert und heute merkt man, dass es nicht ausreicht, einfach riesige Summe und Unmengen Waffen an die Ukraine zu liefern, um eine Situation zu schaffen, in der dieses Gemetzel gestoppt werden kann. Dabei weigert sich Selenskij zu verhandeln und Putin hat heute keine Verhandlungen mehr nötig, da seine Armee gerade deutlich die Oberhand gewinnt.

Dass sich die Ukraine geradezu heldenhaft fast zwei Jahre gegen die militärische Übermacht Russland verteidigt hat, verdient Respekt und die westliche Hilfe war hierfür unverzichtbar. Doch was passiert nun? Zuschauen, wie die ukrainische Armee langsam einbricht, wie Russland die ganze Ukraine mit Luftangriffen überzieht, wie die Ukraine langsam diesen Krieg verliert?

Angesichts der militärischen Übermacht Russlands muss man sich auch im Westen Fragen stellen. Ein direktes Eingreifen der NATO ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich – zum einen würde das Eingreifen von NATO-Truppen in der Ukraine den Auftakt zum III. Weltkrieg und eine direkte Konfrontation des Westens mit Russland und den russischen Verbündeten darstellen, zum anderen muss man sich darüber im Klaren sein, dass die NATO-Truppen für so einen Einsatz weder ausgebildet, noch ausgerüstet sind.

Es müsste dringend eines westliche, internationale Task Force ins Leben gerufen werden, die gemeinsam entscheidet, wie vorzugehen ist. Denn wie erfolgreich es ist, einfach nur Selenskij Milliarden und moderne Waffensysteme zur Verfügung zu stellen, das erkennt man nach zwei Jahren. Dass der ukrainische Präsident nun selbst Angriffe auf russische Städte fährt, macht die Lage nicht einfacher und ein solches Vorgehen müsste mit den Unterstützern der Ukraine abgesprochen werden.

Dabei sollte allen klar sein, dass wenn Russland militärisch weiter vorrückt und die Ukraine flächendeckend angreift, es bald überhaupt nichts mehr zu verhandeln geben kann. In einer solchen Situation muss es Absprachen und gemeinsame Strategien des Westens geben und die müssen anders aussehen als das bisherige „keine Verhandlungen, so lange nicht alle russischen Soldaten ukrainisches Territorium verlassen haben“. Denn das werden die nicht.

Seit der Sylvesternacht erlebt die Ukraine die schlimmsten Angriffe aus der Luft, und der Angriff auf die russische Stadt Belgorod macht die Situation auch nicht einfacher. Wenn nicht sehr bald eine Situation geschaffen wird, in der verhandelt werden kann, wird die Ukraine und mit ihr der Westen diesen Krieg verlieren. So tapfer sich die Ukrainer bisher auch verteidigt haben.

2 Kommentare zu Und wie soll es weitergehen?

  1. Hätte der Westen den festen Wille die Ukraine erfolgreich zu unterstützen wäre das überhaupt kein Problem. Für den Koreakrieg hatten die USA ca.2% ihres BIP bereitgestellt. Für die Ukraine sind es gerade mal 0,3 %. Der Westen ist zahlenmäßig Russland gegenüber weit überlegen, zumindest finanziell aber auch militärisch. Das Problem ist der Mangel an Entschlossenheit und einer klaren Zielsetzung: Die Ukraine soll zwar gewinnen aber Russland darf nicht verlieren. Anders ausgedrückt: man gibt der Ukraine, wenn überhaupt, das bitter Nötigste um sich über Wasser zuhalten aber nicht das was man eigentlich braucht um einen entscheidenden Sieg herbeizuführen. Konkret: Die Ukrainer bräuchten eigentlich 300 Abrams-Kampfpanzer aber bekommen tun sie tatsächlich nur 35, nach langem Zögern! Das führt zwangsweise in die Sackgasse.

    • “Der Westen ist Russland gegenüber weit überlegen”? Eine mutige Aussage, mit einer praktisch nicht einsatzfähigen Bundeswehr, einer französischen Armee unter Waffen, die komplett in die Zuschauerränge des Stade de France passen würde und wenn man dazu die Unterstützung Russlands durch China, den Iran und inzwischen auch Nordkorea nicht berücksichtigt. Aber es ist nicht das erste Mal, dass man nach einem Weltkrieg ruft, nur um sich danach wieder gegenseitig zu versichern, dass so etwas nie wieder passieren darf. Wenn es an der Front so weitergeht wie jetzt, wird die Ukraine in naher Zukunft nichts mehr zu verhandeln haben. Denn militärisch haben die Russen nach Einschätzung der Militärexperten die Oberhand. Fakt ist ebenfalls, dass die Milliarden und zahllosen Waffensysteme, die an die Ukraine geliefert wurden, nichts an der Lage geändert haben. Das einzige, was auf beiden Seiten funktioniert, ist die Propaganda. Aber mit der gewinnt man keine Kriege.

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