Und wieder bebte die Erde bei Straßburg

Samstagmorgen, 5 Uhr. Wieder einmal bebt die Erde bei Straßburg. Je nach Messung in einer Stärke zwischen 3,9 und 4,3 auf der Richterskala. Das war deutlich spürbar.

Hoffentlich sieht man solche Bilder nicht auch demnächst in und um Strasbourg... Foto: Ekem / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Das Unternehmen „Fonroche“, das nördlich von Straßburg eine Geothermie-Bohrung durchführt, die ganz offensichtlich nicht so verläuft wie geplant, zeichnet inzwischen für eine ganze Reihe Erdbeben verantwortlich, die sich immer mehr verstärken. Abgesehen davon, dass diese Beben jedes Mal die Bevölkerung beunruhigen, bringt die Fonroche-Bohrung bei Reichstett die Geothermie immer mehr in Verruf. Das ist schade, denn bei richtiger Handhabung, ist die Geothermie die günstigste, sauberste und nachhaltigste Form der Energie- und Wärmegewinnung.

Ein großer Teil der Bevölkerung im Großraum Straßburg wachte gestern früher auf als geplant. Um 5 Uhr morgens zitterten die Wände, klapperte das Geschirr, bewegten sich die Betten – und das weckte viele Menschen auf. Die Sekunden nach einem solchen Erdstoß sind beunruhigend, da man nicht weiß, ob es das jetzt war oder ob noch stärkere Stöße kommen, was dann eine schnelle Reaktion erfordern könnte. Dazu kam, dass viele noch die Bilder des erst 48 Stunden zuvor eingestürzten Hochhauses in Miami im Kopf hatten, was die Beunruhigung noch steigerte. Innerhalb von Minuten häuften sich die Berichte in den Sozialen Netzwerken und bestätigten das, was wenige Augenblicke zuvor Tausende Menschen gespürt hatten – die Erde hatte wieder einmal gebebt und allen war klar, dass auch dieses Beben auf die Geothermie-Bohrung in Reichstett zurückzuführen war.

Abgesehen von dem Schreck, der den Menschen in und um Straßburg bei jedem dieser Beben in die Glieder fährt, ist es sehr schade, dass dabei das ganze Konzept der Geothermie in ein schlechtes Licht rückt. Natürlich denken die Menschen am Oberrhein auch an die ebenso katastrophale Bohrung im südbadischen Staufen, die riesige Schäden in der historischen Altstadt des Faust-Städtchens verursachte. Doch ist dies nicht die „Schuld“ der Geothermie, sondern höchstens der Betreiberfirmen, die offenbar in beiden Fällen am falschen Ort gebohrt haben und diese Bohrungen weitergeführt hatten, als diese hätten gestoppt werden müssen.

In über 80 Ländern der Welt wird die Geothermie für die Wärmeerzeugung genutzt, in mehr als 20 Ländern zur Energiegewinnung. Es handelt sich also um eine erprobte Technologie, die lediglich ein Problem aufweist – den Standort. Denn die Frage des Standorts kann erst nach einer erfolgreichen Probebohrung beantwortet werden, da die technischen Mittel nicht ausreichen, eine genaue Analyse der Bodenbeschaffenheit in bis zu 4500 Metern Tiefe durchzuführen. Und hier beginnt das Problem – eine solche Probebohrung kostet mindestens 5 Millionen Euro (häufig auch deutlich mehr) und im Grunde muss eine solche Bohrung sofort gestoppt werden, wenn sie auf unerwartete Hindernisse stößt. Wenn dies nicht erfolgt, sind oftmals Erdstöße wie in Staufen oder eben jetzt in Straßburg die Folge.

Zur Erinnerung – das Prinzip der Geothermie ist ebenso einfach wie genial. Es wird ein mehrere Tausend Meter tiefer Doppelschacht in den Boden gebohrt, auf der einen Seite wird unter Hochdruck Wasser eingeleitet, das sich in den tiefen Erdschichten bei den dort herrschenden hohen Temperaturen aufheizt und auf der anderen Seite entweder für die Erzeugung von Wärme oder auch die Energiegewinnung genutzt werden kann.

Natürlich hoffen nun alle, dass der Erdbeben-Spuk rund um Straßburg bald vorbei ist, bevor noch stärkere Stöße echte Schäden wie in Staufen verursachen. Dennoch sollte man nicht gleich die Geothermie als Konzept verteufeln, denn dort, wo man die richtigen Standorte nutzt, funktioniert sie einwandfrei. Aber vielleicht sollte man überlegen, künftig die Stadtortfrage auch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Bevölkerung betrachten und die Probebohrungen nicht in unmittelbarer Nähe zu Städten durchführen.

Nun sind auf jeden Fall die Behörden gefordert, sehr genau hinzuschauen, wie die weiteren Arbeiten in Reichstett bei Fonroche verlaufen. Bisher haben alle Glück gehabt, dass es beim morgendlichen Schrecken geblieben ist. Doch bevor es zu weiteren, eventuell sogar noch stärkeren Beben kommt, sollten Maßnahmen ergriffen werden, mit der diese Pannenserie in Reichstett beendet werden kann.

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