Ursula Von der Leyen – der Widerstand organisiert sich

Die Kandidatin für die Präsidentschaft der Europäischen Kommission Ursula Von der Leyen ist noch lange nicht am Ziel. Der Widerstand in vielen europäischen Ländern gegen die Kandidatin wächst.

Da kann sie strahlen, wie sie will - in Europa steht man der Kandidatin Von der Leyen eher ablehnend gegenüber. Foto: US Secretary of Defense / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Ursula Von der Leyen hat ein Problem – nicht der Europäische Rat und auch nicht die Europäische Kommission entscheiden darüber, ob sie die Nachfolgerin von Jean-Claude Juncker antreten kann, sondern die Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Und dort wächst die Unzufriedenheit mit der vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Kandidatin. Denn die Nominierung Von der Leyens wird vielerorts als die Negierung des Wählerwillens der Europäerinnen und Europäer bewertet. Und viele europäische Länder haben schlicht keine Lust darauf, dass eine Deutsche einen der wichtigsten Jobs in der europäischen Politik übernimmt.

Würden die Europäerinnen und Europäer selbst den oder die Präsident(in)en der Europäischen Kommission wählen, so würde sich Ursula Von der Leyen keinerlei Hoffnungen auf dieses Amt machen können. Nicht nur, dass die vorgeschlagene Besetzung dieses Postens von vielen als die Fortführung der „Germanisierung“ der Europäischen Union gewertet wird, dazu entdecken die Europäerinnen und Europäer gerade die ziemlich maue Bilanz der Verteidigungsministerin Von der Leyen, die in ihren bisherigen Positionen nicht unbedingt europäische Akzente gesetzt hat. Und dabei ist ihr „Beraterskandal“ in Berlin noch nicht einmal thematisiert worden, aber auch das wird noch kommen.

Der frühere französische Europaminister und langjährige Europaabgeordnete Alain Lamassoure hat diese Situation folgendermaßen kommentiert: „Wer könnte schon bei diesem ‚Dream Team‘ die Stirn in Falten legen? Nun… die Hunderte Millionen europäischer Bürger, die am 26 Mai an der Wahl zum Europäischen Parlament teilgenommen haben. Denn dieses Ergebnis hat herzlich wenig mit ihren Stimmen zu tun. Dabei hat der Lissabon-Vertrag die Europäische Union in ein parlamentarisches System überführt, in dem der Chef der Exekutive, also der Präsident der Kommission, von den Bürgerinnen und Bürgern durch deren Abgeordnete gewählt wird. Alle grossen politischen Parteien Europas haben ihre Kampagne um ihren Spitzenkandidaten herum geführt: Manfred Weber für die EVP, Franz Timmermans für die Sozialisten, Guy Verhofstadt und Margrete Verstager für die Liberalen und das Zentrum. Keiner von ihnen wurde berücksichtigt. Da läuft etwas schief.“

Dieses Gefühl von Alain Lamassoure wird in vielen europäischen Ländern geteilt. Und so steht Ursula Von der Leyen nun als die Kandidatin des „Brüsseler Klüngels“ da, als die Kandidatin, die Angela Merkel durchgedrückt hat, nachdem alle anderen Kandidaten und Kandidatinnen im Gemauschel hinter den verschlossenen Türen Brüssels durchgefallen waren. Nur – was der Europäische Rat will, ist nicht unbedingt das, was das Europäische Parlament will.

Das Parlament kann Ursula Von der Leyen schlicht und ergreifend durchfallen lassen und damit den Europäischen Rat zwingen, neue Kandidaten zu bestimmen. Die Chancen, dass Von der Leyen keine Mehrheit im Parlament findet, sind durchaus realistisch. Warum auch sollten die 27 (und bald 26) anderen Mitgliedsstaaten eine „Handlangerin“ von Angela Merkel akzeptieren? Abgesehen davon, dass ihr Vater einstmals Europabeamter war, bevor er Ministerpräsident von Niedersachsen wurde, qualifiziert kaum etwas die Kandidatin Von der Leyen für diesen Job. Praktisch alle im Vorfeld gehandelten Kandidaten und Kandidatinnen sind erfahrene Europapolitiker, kennen Abläufe und Schwierigkeiten der europäischen Politik und sind allesamt qualifizierter für diese Position als Von der Leyen.

Nun stellt sich die Frage: Wird das Europäische Parlament den Mut haben, sich gegen die nationalen Regierungen im Europäischen Rat durchzusetzen und die Kandidatin wieder nach Hause schicken? Dies wäre eine saftige Ohrfeige für Angela Merkel. Auch, wenn deren designierte Nachfolgerin AKK bereits der SPD mit dem Ende der Koalition gedroht hat, sollten die SPD-Europaabgeordneten gegen Von der Leyen stimmen, so hinterlässt diese Drohung bei der SPD wohl kaum Spuren, denn die Mehrheit der SPD-Mitglieder ist ohnehin für ein Ende dieser Koalition in Berlin.

Man darf gespannt sein, wie die nächsten Wochen und Monate verlaufen. Es könnte noch eine ganze Weile dauern, bis Europa wieder ein funktionsfähiges Führungsteam hat…

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