Ursula von der Leyen in Straßburg
Nach der Sommerpause kommt die Präsidentin der Europäischen Kommission gerne nach Straßburg, um dem Europäischen Parlament die Lage des Kontinents zu erklären.
(KL) – Gestern besuchte die Frau des ukrainischen Präsidenten Olena Zelenska das Europäische Parlament in Straßburg. Da durfte Ursula von der Leyen nicht fehlen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, gekleidet, wie konnte es anders sein, in den Landesfarben der Ukraine. In ihrer Rede zeigte sich Ursula von der Leyen, wie konnte es anders sein, sehr zufrieden mit der Arbeit der Institutionen im vergangenen Jahr und auch ihre Pläne für die kommenden Monate klingen vielversprechend.
Olena Zelenska konnte zufrieden sein, denn die Geldquelle Europäische Union wird für ihr Land so schnell nicht versiegen. So kündigte Von der Leyen an, dass die EU 100 Millionen € für den Wiederaufbau der Schulen in der Ukraine zur Verfügung stellt. Das ist gut, denn die Schulkinder in der Ukraine können nun wirklich nichts dafür, dass der russische Präsidialdiktator sein Nachbarland überfallen hat.
Weiter will Ursula von der Leyen ein Paket von 140 Milliarden € schnüren, um die explodierenden Lebenshaltungskosten in Europa abzufedern. Ob das gelingen wird, ist eine andere Frage. Denn das Paket soll durch das Abschöpfen von Übergewinnen der Energie-Konzerne finanziert werden. Mit Beginn der kalten Jahreszeit, dem Start in eine neue Pandemie-Phase, den sozialen Spannungen, die aus den Sanktionen gegen Russland resultieren, steht auch die Frage im Raum, wie mit einer immer unzufriedeneren Gesellschaft umgegangen werden kann, in der es bereits heute vielen Familien an vielem fehlt.
Ansonsten fehlt es der Präsidentin der Europäischen Kommission nicht an Plänen. So will von der Leyen eine „Europäische Wasserstoffbank“ einrichten, eine „Europäische Konvention“ als Ergebnis der „Konferenzen über die Europäische Zukunft“ aufsetzen lassen und sie verspricht, den Ruf nach einer Politischen Union zzu unterstützen. Dies wäre allerdings ein wichtiger Schritt, denn ohne eine Politische Union sind so ziemlich alle anderen europäischen Pläne Makulatur.
Nur die Reform der europäischen Institutionen steht, wie immer, nicht auf der Agenda. Hier besteht riesiger Nachholbedarf, denn nach dem Brexit und mit den aktuellen Krisen muss die EU nun Antworten auf die Frage liefern, wozu sie eigentlich da ist.
Die Europäische Union ist, trotz aller Begeisterung von Ursula von der Leyen, wie ein Ozeandampfer, der mit beschädigtem Ruder auf den Weltmeeren im Kreis fährt. Es fehlt an einer klaren Richtung, es fehlt nach wie vor an den Schnittstellen zur Zivilgesellschaft, es fehlt nach wie vor an einer „Geschäftsordnung“, die es der EU ermöglichen würde, schnell und effizient zu handeln.
Man wird die Präsidentin der Europäischen Kommission nicht anhand ihrer Ansprachen beurteilen, sondern anhand konkreter Ergebnisse und Handlungen. Und hier werden die europäischen Institutionen jetzt eine gehörige Schippe drauflegen müssen.
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