Verkehrte Fußball-Welt

Während der Straßburger Erstligist Racing Club de Strasbourg immer weiter in die Krise rutscht, sorgt ein Straßburger Sechstligist (!) für eine Pokalsensation.

In Koenigshoffen trâumt man jetzt vom Pokalfinale in Paris... Foto: Chabe01 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Beim Racing Club de Strasbourg ist in dieser Saison der Wurm drin. Nach 17 Spieltagen steht Racing auf dem vorletzten Tabellenplatz. 17 Spiele, ein einziger Sieg, acht Unentschieden, acht Niederlagen. Und dann verlor Racing diese Woche daheim sein Pokalspiel gegen den Tabellenletzten aus Angers, das Spiel, mit dem Racing seine „schwarze Serie“ brechen wollte. Der Trend zeigt also deutlich Richtung Abstieg. Doch während die Fans von Racing verzeifeln, hat ein Stadtteil-Verein, der in der 6. Liga kickt, Fußball-Geschichte geschrieben.

Das war die Sensation der Runde der letzten 32 Teams im französischen Pokal. Der Sechstligist Football Club Olympique Strasbourg-Koenigshoffen 1906, kurz FCOSK 06, warf den Erstligisten Clermont Foot 63 im Elfmeterschießen aus dem Rennen und qualifizierte sich sensationell für das Sechzehntel-Finale des französischen Pokals – unglaublich! Und ebenso unglaublich ist die Auslosung für dieses Sechzehntel-Finale – das Team aus Koenigshoffen empfängt ausgerechnet Angers, den Verein, der gerade Racing aus dem Wettbewerb gekegelt hat! Die Gäste von der Loire kommen sicher gerne wieder ins Elsass zurück, doch werden sie sich gegen Koenigshoffen warm anziehen müssen…

Es ist eine dieser wunderbaren Geschichten, die den Pokalwettbewerb so attraktiv machen. David schlägt Goliath, echte Amateure, die tagsüber einer geregelten Arbeit nachgehen, besiegen die Millionarios, denen die Euros nur so hinterher geworfen werden. Wenn sich Entschlossenheit und Teamgeist gegen die Arroganz der Profis durchsetzen, dann jubelt die Fan-Seele.

Für den FCOSK 06 ist dieser Pokal-Wettbewerb eine Option auf die Zukunft, denn selbstverständlich ist das Erreichen des Sechzehntel-Finales mit Prämien verbunden, über die ein Profiverein vielleicht lächelt, die aber einem Amateurverein ermöglichen, sich gut für die nächsten Jahre aufzustellen.

So erfreulich das Weiterkommen der Stadtteil-Kicker aus Koenigshoffen ist, so sehr macht man sich nun um den Racing Club de Strasbourg Sorgen. Die Fans grummeln, das Umfeld grummelt, der Verein wird mit Ludovic Ajorque einen seiner wenigen erstligatauglichen Stürmer an den Ligakonkurrenten und nächsten Gegner von Racing, den RC Lens abgeben, nennenswerte Neuzugänge sind in dieser Winterpause nicht zu erwarten – es sieht mau aus für Racing.

Aber wer weiß, vielleicht lassen sich die Racing-Spieler von dem tollen Erfolg des FCOSK 06 inspirieren und legen in den kommenden Spielen eine Schippe drauf. Doch wenn ein Team in 17 Spielen nur ein einziges Mal gewinnt, dann ist das schon eine Hypothek für den Rest der Saison.

AKTUALISIERUNG: Der Racing Club de Strasbourg hat sich heute von seinem Trainer Julien Stéphan getrennt. Aber ob das reicht, den aktuellen Trend umzukehren? 

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