Versorgungspöstchen: Die Grünen sind auch nicht viel besser…
Uff, ein Glück: Die französischen Grünen haben eine neue Aufgabe für ihre abgewählte Europaabgeordnete Sandrine Bélier gefunden – sie wird Kandidatin bei den Regionalwahlen.
(KL) – Die Grünen sollten vielleicht einmal die Denkschrift ihres früheren Vordenkers Dany Cohn-Bendit (Pour supprimer les partis politique ?! – Muss man die politischen Parteien abschaffen?) lesen. Denn dort steht schwarz auf weiß, dass unser politisches System unter anderem daran scheitert, dass die politischen Parteien zu einer Drehscheibe für Posten und Pöstchen, für persönliche Ambitionen und Eitelkeiten verkommen sind, die Grünen ebenso wie die anderen Parteien.
Nun stellt die EELV (Europe Ecologie / Les Verts) für die Regionalwahlen zum Ende des Jahres Sandrine Bélier auf, die zuletzt ihren Sitz im Europäischen Parlament verloren hatte und für die man nun offenbar dringend einen Job suchte. Dabei spielt keine Rolle, dass die Wählerinnen und Wähler offenbar keine Lust mehr hatten, für diese Kandidatin zu stimmen – also wird sie wieder aufgestellt. Worum ging es im Dezember gleich? Ach ja, die Regionalwahlen…
Sandrine Bélier ist eine Politikerin, die sich nach Jahren an der Spitze des Umweltverbands „Alsace Nature“ auf den langen Marsch durch die Institutionen gemacht hat. Im Europäischen Parlament fiel die streitbare Politikerin durch gute Beiträge auf, durch viel Präsenz, aber gleichzeitig wurde aus der Kämpferin aus den Reihen der Zivilgesellschaft eine Berufspolitikerin. Bei der die persönliche Karriereplanung, wie es in anderen Parteien genauso der Fall ist, im Vordergrund steht. Dann also die Regionalwahlen.
Das Kandidatenkarussell, das Daniel Cohn-Bendit in seinem lesenswerten Büchlein anprangert, dreht sich also auch bei den Grünen munter weiter und trägt natürlich zur schwindenden Glaubwürdigkeit der Politik ganz allgemein bei. Klar, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass es bei Wahlen überhaupt nicht mehr um sie geht, sondern ausschließlich um das Wohlergehen der Kandidaten, dann motiviert das kaum, wählen zu gehen oder sich näher für Politik zu interessieren.
Wie schade – die Grünen waren einst angetreten, um den etablierten Parteien Konkurrenz zu machen. Entstanden aus Bürgerbewegungen wie der Friedensbewegung, der Anti-AKW-Bewegung oder der Frauenbewegung, sind die Grünen inzwischen genau da angekommen, wo sie nie hinwollten. Mitten im politischen Establishment. Was wohl auch erklärt, warum sie inzwischen in Frankreich bei Wahlen im Splittergruppenbereich angekommen sind. Aber merken werden sie das auch erst, wenn es zu spät ist.
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