Völkerverständigung – Europa trifft den Senegal

Bei einer hochinteressanten Konferenz im Straßburger Presseclub erläuerte der Journalist und Experte fûr Geopolitik José Manuel Lamarque den Kontinent Europa für junge senegalesische Journalisten.

José Manuel Lamarque mit den Kollegen und Kolleginnen aus dem Senegal. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Zu einem Zeitpunkt, an dem sich Völker, Blöcke und Kontinente immer weiter voneinander entfernen, war die Konferenz am Donnerstag im Straßburger Presseclub eine bemerkenswerte Veranstaltung. Die Direktorin des Presseclubs Anka Wessang hatte die gute Idee, den eminenten Journalisten (France:Info und FranceInter) und Experten für Geopolitik José Manuel Lamarque als Gastredner einer Konferenz für junge Journalisten und Journalistinnen aus dem Senegal zu gewinnen. Und der erklärte den Kollegen aus dem Senegal, wie Europa überhaupt entstanden ist, wo es heute steht und wie die Perspektiven für morgen aussehen.

Die Kollegen und Kolleginnen aus dem Senegal waren im Rahmen eines Ausbildungsprogramms nach Straßburg gekommen, nachdem der erste Teil des Programms in Dakar stattgefunden hatte. In Straßburg hatten die Besucher aus dem Senegal die Gelegenheit, in das Redaktionsleben der lokalen Tageszeitung DNA einzutauchen, die europäischen Institutionen kennenzulernen und Europa aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben.

Europa, das ist eine endlose Geschichte der Kriege, der Diplomatie, der großen Figuren wie dem französischen König François I., dem englischen König Henry VIII. oder dem deutschen Herrscher Karl V., die alle eines gemeinsam hatten – ihr Denken und Handeln sollte epochale Auswirkungen haben, ebenso wie das unglaubliche diplomatische Geschick Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, der mit dem Wiener Kongress nicht nur die Grenzen der europäischen Staaten neu zeichnete, sondern auch das erschuf, was José-Manuel Lamarque als das „Europa der Herrscher“ bezeichnet.

Durch die Epochen der Zeit zeigte José Manuel Lamarque, mit viel Humor und einem unglaublichen Wissen, die Entwicklung Europas auf, über die Wirren von Kriegen, bis hin zu den Gründungsvätern Europas, die nach dem II. Weltkrieg versuchten ein Europa zu schaffen, in dem ein Satz wie „Nie wieder Krieg“ eine längere Halbwertzeit als drei Generationen hat. Zwar sehen wir heute, dass dieser Versuch nicht so erfolgreich war, wie man sich das gewünscht hatte, aber an dieser Grundidee muss man weiterarbeiten.

Das ist allerdings nicht so einfach, denn das Machtgefüge der Welt, nicht nur Europas, hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschoben. Denn heute wird Weltpolitik nicht mehr in Washington, Brüssel, Paris und Berlin gemacht, sondern von der Organisation der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), die nicht nur heute bereits über 40 % der Weltbevölkerung darstellen, sondern sich gerade um weitere 19 Länder erweitern wollen. Auch der Senegal ist offenbar einer Mitgliedschaft im mächtigsten Staatenbund der Welt nicht abgeneigt und die geopolitische Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass sich der afrikanische Kontinent dem Joch der früheren Kolonialmächte entzieht, sich dafür aber unter die wirtschaftlichen und politischen Fittiche Chinas und Russlands begibt.

Europa ist gerade dabei, sich ins weltpolitische Abseits zu manövrieren, unfähig, in den wichtigsten Fragen wirksam zusammen zu arbeiten. Doch gerade in einer solchen Entwicklung ist es so wichtig wie nie zuvor, die Verbindungen zwischen den Ländern, den Blöcken und den Kontinenten aufrecht zu erhalten, und zwar auf allen Ebenen. Insofern war der Besuch der senegalesischen Kollegen und Kolleginnen eine wichtige Sache, denn das gegenseitige Verständnis ist die Basis für jede Form der künftigen Zusammenarbeit.

Dass die Besucher aus dem Senegal das Thema „Europa“ mit einem solchen Experten besprechen konnten, war kein Zufall, sondern ist dem Straßburger Presseclub zu verdanken. Ein Lichtblick in ansonsten eher finsteren Zeiten…

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