Volker Schlöndorff – ein Weltstar in Straßburg

Eigentlich wollten wir mit dem großen Regisseur Volker Schlöndorff über Kino und Film sprechen. Das haben wir auch, aber am Ende ging es vor allem um die deutsch-französischen Beziehungen.

Volker Schlöndorff lors de l'interview avec Eurojournalist(e). Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

Logo klein(KL) – Muss man Oscar-Gewinner und Goldene Palme-Preisträger Volker Schlöndorff noch vorstellen? Der Macher von Filmen wie „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ oder „Die Blechtrommel“ ist weltweit bekannt. Was allerdings nicht alle wissen, ist dass Volker Schlöndorff eine mehr als enge Beziehung zu Frankreich hat. Das Gespräch hätten wir auch auf Französisch führen können, denn Volker Schlöndorff beherrscht diese Sprache wie eine Muttersprache. Interview.

Volker Schlöndorff, Sie haben die Schule in Frankreich besucht und dort studiert und auch Ihre ersten Schritte im Film gemacht, als Sie in den 60er Jahren Regieassistenz bei Regisseuren wie Louis Malle führen konnten. Damit sind Sie im Grunde schon eine Art „Ehrenfranzose“. Was hat Sie nun bewegt, sich beim Festival „Augenblick“ zu engagieren?

Volker Schlöndorff: Da kamen mehrere Dinge zusammen. Zum einen war Straßburg unsere erste Station, als mein Vater vor vielen Jahren seine drei Söhne ins Auto packte um nach Frankreich zu fahren. Ich war damals 14 Jahre alt und erinnere mich, dass ich fasziniert von Straßburg war. Und dazu ist Straßburg der Sitz von ARTE, einem kulturellen Bindeglied zwischen Frankreich und Deutschland, mit denen ich schon mehr als 20 Filme produziert habe. Als die Anfrage von „Augenblick“ kam, musste ich nicht lange nachdenken, sondern habe die Gelegenheit beim Schopf gepackt. So ist das manchmal, man muss den richtigen Augenblick erhaschen. Saisir le moment (sagt Schlöndorff auf Französisch…)!

Aber das sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass die deutsch-französischen Beziehungen gerade in ganz schlechtem Zustand sind. Diese Woche habe ich noch mit Daniel Cohn-Bendit telefoniert und wir waren uns einig, dass diese Entwicklung nicht passieren darf. Man darf die deutsch-französischen Beziehungen nicht den Politikern überlassen, denn diese Beziehungen existieren vor allem dort, wo sich die Zivilgesellschaft begegnet.

Dass ich persönlich bei „Augenblick“ dabei bin, das hat sich eben aus meinem Leben heraus ergeben. Wissen Sie, ich empfinde mich ein wenig halb-halb als Deutscher und Franzose, beide Kulturen sind in mir lebendig. Daher habe ich den Vorschlag für meine Teilnahme gerne sofort angenommen.

Ihr Werk hat ganze Generationen in Deutschland in der Aufarbeitung des II. Weltkriegs und des Deutschen Herbstes geprägt. Jetzt sehen wir Ihren „Der Waldmacher“, einen Dokumentarfilm, der einen unglaublich positiven Inhalt transportiert. Ist das momentan Ihre Nachricht an die Welt?

VS: Auf jeden Fall! Ich bin als Pessimist nach Afrika gefahren [„Der Waldmacher“ ist ein Dokumentarfilm über einen Australier, der in Afrika erfolgreich die Wüste aufforstet, Anm. d. Red.] und bin als Optimist zurückgekommen. Wissen Sie, das Leben zeigt, dass man auch Katastrophen überstehen kann, das Leben geht immer weiter. Ich gehöre noch zu der Generation, die viele Zerstörungen des II. Weltkriegs gesehen hat, mich kann so schnell nichts mehr erschüttern.

Doch was ich mit „Der Waldmacher“ auch transportieren will, ist die Bedeutung der Beziehung zwischen Afrika und Europa. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft, wir haben die beiden wichtigsten Sprachen des afrikanischen Kontinents dort eingeführt, das Englische und das Französische und heute schaut Afrika natürlich nach Europa. Alleine die Demografie zeigt, dass in wenigen Jahren immer weniger Europäer leben werden, während die Bevölkerung in Afrika immer weiter wächst. In 100 oder 200 Jahren werden sich die Bevölkerungen vermischt haben und es ist bedauerlich, dass die Politik diese Entwiklung nicht steuert.

Was ist in Krisenzeiten wie heute die Aufgabe von Künstlern oder auch Journalisten? Muss Mut gemacht, analysiert, gewarnt werden?

VS: Natürlich muss man versuchen vorauszuschauen! Wir sind ja lernfähig, die Evolution beweist das. Trotz der Aktualität ist die Gesichte der letzten 80 Jahre in Europa ein Erfolg, ein Triumph! Den Menschen geht es heute objektiv besser als vor 80 Jahren. Und dennoch hört man die Menschen nur klagen, dabei müsste man gerade jetzt optimistisch sein.

Was die Rolle der Künstler angeht, so birgt jedes Werk jedes Künstlers auch dessen eigene Zweifel. Aber es gibt viele Beispiel, wo dieser Pessimismus im Werk zu neuem Optimismus geführt hat.

Als jemand, der in beiden Kulturen zwischen Deutschland und Frankreich lebt – wie beurteilen Sie die aktuellen Beziehungen zwischen beiden Ländern, im Kulturbereich und insgesamt?

VS: Die Verschlechterung der deutsch-französischen Beziehungen hat nicht erst vor drei Jahren begonnen, sondern wesentlich früher. In beiden Ländern gibt es Strömungen zwischen Demokratie und Extremismus. Daher sollte man sich hüten, oberflächlich zu alarmieren. Es schmerzt aber zu sehen, dass es grenzüberschreitend nur funktioniert, wenn sich die Menschen begegnen, während die Politik fortwährend spaltet. Aber zu versuchen, sich politisch zu profilieren, indem man einen Keil zwischen die Menschen treibt, das geht gar nicht.

Volker Schlöndorff, vielen Dank für das Gespräch!

1 Kommentar zu Volker Schlöndorff – ein Weltstar in Straßburg

  1. L’explication de Volker Schlöndorff sur les causes de la détérioration des relations franco-allemandes me paraît un peu courte. Remonter aux sources des malentendus franco allemandes actuels, mériterait toute une série d’articles, en commençant par l’autonomie des Länder favorisée par les puissances occupantes en 1945. En continuant avec le Plan Marshall, véritable détonateur de l’économie allemande dans son rôle de substitution de la puissance allemande. Etc, etc.

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