Vom Saarland lernen…
2014 stellte die damalige Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer, ihre „Frankreich-Strategie“ vor, ein ambitioniertes Projekt der deutsch-französischen Integration. Und heute?
(KL) – Der eine oder andere mag sich erinnern, dass 2015 Annegret Kramp-Karrenbauer im „Maison d’Alsace“ in Straßburg war und vor einem relativ desinteressierten Publikum ihre 2014 erstmals präsentierte „Frankreich-Strategie“ vorstellte. Nachdem sie ohne Notizen und mit unglaublichem Engagement diese Strategie 75 Minuten lang präsentiert hatte, fand der damalige Präsident der zu diesem Zeitpunkt noch existenten Region Alsace, Philippe Richert, nur den arroganten Kommentar „Wissen Sie, Madame, wir im Elsass machen auch tolle Projekte…“. Und man vergaß im Elsass vor lauter tollen Projekten diese „Frankreich-Strategie“. Das war ein großer Fehler, denn die wahren Champions der deutsch-französischen Zusammenarbeit sitzen nicht etwa am Oberrhein, sondern im Saarland und in Lothringen. Schade, dass man damals im Elsass nicht verstand, worum es bei dieser „Frankreich-Strategie“ wirklich geht. In den 7 Jahren seit dem Auftritt von „AKK“ in Straßburg hat sich die „Frankreich-Strategie“ enorm entwickelt. Eine Entwicklung, die man im Elsass vor lauter autonomistischen Bestrebungen überhaupt nicht mitbekommen hat.
Eines der vielen Ziele der „Frankreich-Strategie“ ist die Zweisprachigkeit des Bundeslandes im Jahr 2043, wenn sich der Elysee-Vertrag zum 80. Mal jährt. Doch anders als am Oberrhein, wo viele von Zweisprachigkeit sprechen und nur wenige dafür arbeiten, verstand man bereits 2014 unter „Zweisprachigkeit“ im Saarland etwas anderes, nämlich die Einführung des Französischen als zweite offizielle Landessprache, was dann auf einem etwas anderen Niveau abläuft als die Feierlichkeiten, weil am Oberrhein ein deutsch-französischer Kindergarten eingeweiht wurde.
Und wurde auch im Saarland nur geredet, wurden dort auch nur nette Sonntagsreden gehalten, erwähnte man die Zweisprachigkeit auch nur zu Zeiten von Wahlkämpfen? Nein, das Saarland hat seit der Präsentation der „Frankreich-Strategie“ gearbeitet. Laut dem Chef der Saarbrücker Staatskanzlei, David Lindemann, sind heute im Saarland 51% der saarländischen Kitas zweisprachig, in absoluten Zahlen 253 Kitas. Was die Ausbildung der nächsten Generationen für Zweisprachigkeit angeht, liegt das Saarland im Plan, allerdings, so der SPD-Mann Lindemann, habe die Pandemie die Umsetzung dieser Strategie etwas gebremst und das Land auch dazu gezwungen, bestimmte Prioritäten, beispielsweise im Bereich der Gesundheit, neu zu definieren. Und auch daran arbeitet man.
Es ist jammerschade, dass das Elsass damals nicht die ausgestreckte Hand von Annegret Kramp-Karrenbauer ergriffen und sich in diese Strategie eingeklinkt hat, wie es die damalige Ministerpräsidentin des Saarlands angeboten hatte. Es ist erstaunlich, wie sich die Lage seit damals verändert hat. Im Elsass interessiert man sich politisch vor allem darum, wie man aus der neuen Großregion „Grand Est“ wieder herauskommt, während man gleichzeitig im Saarland an der Umsetzung der deutsch-französischen Integration arbeitet, die letztlich den Menschen in beiden Ländern zugute kommen wird. Europäisches Denken und Handeln im Vergleich zu kleinkariertem Lokal-Chauvinismus – da kann man das Gefühl bekommen, dass sich das Saarland deutlich besser für eine europäische Zukunft aufstellt.
Und das Saarland bleibt auch heute nicht stehen. So ist geplant, aufgrund des positiven Verlaufs der „Frankreich-Strategie“ diese auch noch um eine „Luxemburg-Strategie“ zu erweitern. Damit entwickelt sich das Saarland immer mehr zur europäischen Musterregion, während man anderswo seine Zeit und Energie damit verplempert, sich immer neue Superlative für sich selbst auszudenken, dafür aber die deutsch-französische Zusammenarbeit weitgehend den Vereinen und Verbänden überlässt, die sehr gute Arbeit machen, aber natürlich nicht über die politischen Möglichkeiten verfügen, eine solche Strategie einzuführen und umzusetzen.
Einmal mehr zeigt sich, dass Themen wie die deutsch-französische Zusammenarbeit nicht durch nette Reden bei netten Anlässen gemanagt werden, sondern durch Arbeit vor Ort. Was die deutsch-französischen Beziehungen angeht, hat sich das Elsass gerade 8 Jahre Rückstand auf das Saarland eingefangen und während man im Saarland konzentriert weiter an dieser „Frankreich-Strategie“ arbeitet, hat man im Elsass noch nicht einmal entsprechende Ziele und Arbeitsstrukuren definiert. Die Superlative, mit denen sich das Elsass auch in diesem Bereich gerne schmückt, sind nichts wert. Doch das, was seit 2014 im Saarland passiert, ist bemerkenswert und ein Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn man politische Aufgaben ernster nimmt als die persönliche Profilierung. Bravo, Saarland!
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