Von Fettnäpfchen ins Fettnäpfchen
Die Große Koalition steht unter einem schlechten Stern. Nach der Maassen-Affäre kommt nun Erdogan und macht alles noch schlimmer.
(KL) – Wenn vom 27. bis 29. September der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach Deutschland reist, verfolgt er damit gleich mehrere Absichten. Zum einen braucht er Geld. Die Talfahrt der türkischen Wirtschaft können nur kräftige Investitionen entgegenwirken und solche hofft er in Deutschland zu finden. Dann ist es für Erdogan wichtig, sein treues AKP-Wahlvolk in Deutschland bei Laune zu halten. Die rund 70 % AKP-Wähler in der deutschen Diaspora sind für Erdogan enorm wichtig, die gilt es bei Laune zu halten. Und drittens, den Spaß wird sich Erdogan nicht entgehen lassen, ist seine Anwesenheit in Berlin eine Art gereckter Mittelfinger für all diejenigen, die seine Präsidialdiktatur in der Türkei, seine systematische Verletzung der Menschenrechte und seine unklare Rolle im Syrienkonflikt kritisieren. Wie schön, dass die Bundesregierung bei dieser Inszenierung so brav mitmacht.
Die deutsche Politik zeigt sich wieder einmal einig wie immer. Aus irgendeinem Grund hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ohne protokollarische Notwendigkeit zu einem Staatsbankett zu Ehren dessen eingeladen, der immer noch deutsche Staatsbürger unter fadenscheinigen Terrorismusvorwürfen inhaftiert hält und nun wird heftig angekündigt, wer alles hingeht und wer aus Protest wegbleibt.
Dabei kommt es zu den seltsamsten Konstellationen, die eben nur die zerfurchte Politiklandschaft 2018 in Deutschland hervorbringen kann. So stehen, übrigens aus ganz unterschiedlichen Gründen, sowohl Angela Merkel, als auch Christian Lindner, die grüne Parteispitze, aber auch die AfD-Führer auf der Boykottliste. Cem Özdemir will aber hingehen. Damit Erdogan „ihn aushalten muss“. Jede Wette, ein Erdogan hält einen Özdemir allemal aus.
Das Staatsbankett wird bestimmt prima. Da man ja höflicher Gastgeber ist, wird man Erdogan kaum mit peinlichen Fragen nach den Verletzungen der Meinungsfreiheit, der Pressefreiheit, der Recht von Minderheiten behelligen, sondern fein tafeln. Danach wird es sicherlich wieder eine Pressekonferenz vor Schloss Bellevue geben, bei der Erdogan großspurig von einem Neustart der Beziehungen zwischen beiden Ländern schwadronieren wird und dann seinen Landsleuten, wie bei allen seinen Besuchen, die Losung ins Gedächtnis rufen: „Integration ja, Assimilation nein!“. Ach ja, dann wird er noch die Bundesregierung ermahnen, seinen edlen Kampf gegen die ach so terroristischen Kurden zu unterstützen, eben jene Kurden, die zuerst an unserer Stelle mutig gegen den Islamischen Staat gekämpft hatten, bevor wir sie verrieten, da wir die Hoffnung hegten, Erdogan könne Flüchtlinge daran hintern, nach Europa zu kommen.
Dieser erneute Kotau vor dem türkischen Alleinherrscher ist ebenso überflüssig wie gefährlich. Einmal mehr knickt die Regierung Merkel, die einst als fleißige Wahlhelferin für Erdogan in Ankara auftrat, vor dem türkischen Regime ein. Dies ist die Perversion der Realpolitik und geradezu ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die zu Unrecht in türkischen Gefängnissen sitzen.
Doch die Geschichte ist erbarmungslos: Wer sich mit Diktatoren gemein macht, dessen politische Karriere hat nie lang gedauert. Der rote Teppich, den Berlin für Erdogan ausrollt, ist mit dem Blut der Opfer dieses rücksichtslosen Potentaten getränkt. Warum man diesem Mann in Deutschland eine Tribüne bieten muss, ist nicht mehr nachvollziehbar. Ebenso wie so ziemlich alles, was diese Koalition aus gerade in der Versenkung verschwindenden Parteien gerade anzubieten hat.
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