Von Gewinnern und Verlierern

Bei der Bundestagswahl hat es, wie immer, Gewinner und Verlierer gegeben. Nur, dieses Mal könnten am Ende die Gewinner die Verlierer und die Verlierer die Gewinner sein.

Olaf Scholz und die SPD - Wahlgewinner, die am Ende in der Opposition sein könnten... Foto: ScS EJ

(KL) – Das klingt schon fast ein wenig nach einem biblischen Titel, in der Art „die Ersten werden die Letzten sein“ – nur ist es bei der Bundestagswahl 2021 auch so. Die Verlierer haben allen Grund zur Freude und die Sieger legen einen sorgenvollen Gesichtsausdruck an den Tag.

Gehen wir die Gewinner und Verlierer einmal gemeinsam durch:

Die SPD ist zweifellos der Gewinner dieser Wahl. Mit 25,7 % der Stimmen (+5,2 %) haben die Sozialdemokraten die Nase vorne, erhalten 53 Sitze im Bundestag mehr als 2017 und hätten eigentlich allen Grund zur Freude. Doch die Perspektive, dass die „Königsmacher“ FDP und Grüne am Ende mit der CDU/CSU zusammengehen und der Wahlsieger SPD in die Opposition muss, stimmt nachdenklich.

Genau umgekehrt ist es für die CDU. Mit dem schlechtesten Wahlergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik und dem schwächsten aller Kandidaten, Armin Laschet, haben die Konservativen 8,9 % im Vergleich zur letzten Bundeswahl eingebüßt. Doch sollten sich FDP und Grüne für eine Koalition mit der CDU/CSU entscheiden, erhielte die CDU als „Trostpreis“ das Kanzleramt und die Regierung für die nächsten vier Jahre. Und auch das stimmt nachdenklich.

Bei den Grünen ist es nicht viel anders. Die sind mit einem Stimmenzuwachs von +5,9 % sogar objektiv der Wahlsieger, mit dem besten Ergebnis, das die Partei je bei einer Bundestagswahl eingefahren hat. Zufrieden sind die Grünen dennoch nicht, denn noch vor wenigen Wochen führten sie in den Umfragen vor der CDU/CSU und der SPD und zum damaligen Zeitpunkt gingen viele Beobachter davon aus, dass es zu einer Zusammenarbeit zwischen Grünen und CDU käme, wie dies bereits in Baden-Württemberg der Fall ist. Der Griff nach dem Kanzleramt ging also daneben. Unzufriedene Wahlgewinner? Auch das stimmt nachdenklich.

Hochzufrieden kann auch ein „echter“ Verlierer der Wahl sein – Die Linke. Die scheiterte nämlich an der 5%-Hürde, konnte allerdings eine Sonderregelung nutzen, die will, dass eine Partei, die mindestens 3 Direktmandate erobert, von dieser 5%-Hürde befreit ist und Sitze anhand ihrer eroberten Prozentpunkte erhält. Deswegen sitzt Die Linke wieder mit 39 Abgeordneten im Bundestag. So sieht ein glücklicher Wahlverlierer aus. Was dann mal wieder nachdenklich stimmt.

Die Rechtsextremen von der AfD gehören ebenfalls zu den Wahlverlierern. Mit 2 % Verlusten haben sie deutschlandweit ihre Dynamik verloren und verkommen immer mehr zum Sammelbecken politisch Verwirrter in den neuen Bundesländern. Was die AfD allerdings nicht davon abhielt, sich über ein „solides Ergebnis“ zu freuen. Was, wie immer, nachdenklich stimmt.

Bleibt die FDP. Die schaffte es, zum zweiten Mal zweistellig ins Parlament einzuziehen, wobei ihre Zugewinne von 0,8 % sie weder zu den Gewinnern, noch zu den Verlierern gehören lassen. Allerdings will die aktuelle Konfiguration, dass die FDP dennoch zu den Gewinnern zählen wird, weil sie aller Wahrscheinlichkeit nach zur nächsten Regierungskoalition gehören wird. Was bei der Mehrheitsbeschaffer-Partei FDP nicht einmal mehr nachdenklich stimmt.

Gewinner werden zu Verlierern, Verlierer werden zu Gewinnern. Vielleicht sollte man doch noch einmal das Wahlsystem genauer anschauen und analysieren, wo die Fehler im System liegen. Aber damit kann man ruhig warten, bis eine neue Regierung steht. Schon bald nach der Neujahrsansprache von Angela Merkel?

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