Von Tempovorstößen und Tempoverstößen

In Südtirol geht das Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft zu Ende

Wer nicht hundertprozentig fit ist könnte durch die Maschen fallen.

Dass im Südtiroler Sankt Leonhard im Passeiertal keine Unterhaltung geboten wurde, kann man nicht unbedingt behaupten. Die Journalisten haben sich herzlich bei den Gastgebern bedankt, denn das Organisationsteam hat wirklich alles in Bewegung gesetzt, um den Medienvertretern reichlich Abwechslung in ihrem Arbeitsalltag zu bieten. Einen kleinen Teil trug allerdings auch die Mannschaft bei. Aber lassen wir das, es ist schon alles gesagt. Wenn auch nicht von allen.

In der Abschlusspressekonferenz gibt sich Bundestrainer Jogi Löw überzeugt, dass die Mannschaft mit sehr guten Voraussetzungen ins WM-Turnier geht. Und zwar, weil

a) die Verletzungen von Lahm, Neuer und Schweinsteiger in Brasilien keine Rolle mehr
spielen sollten;
b) man mit Hilfe der U 20 sozusagen als Dummy alle vorgesehenen gegnerischen Spielzüge
zur besten Zufriedenheit habe simulieren können;
c) die Mannschaft einen hervorragenden Teamgeist entwickelt habe. Vereinsinteresse sei
einem “nationalen Interesse” (rein sportlicher Natur) gewichen.

2012 sei es schwieriger gewesen, diese good vibrations herbeizuführen, sagt Jogi Löw vorwurfsfrei, weil da doch viel Belastendes aus den Vereinen mit angeschleppt wurde.

Seine eigene Erwartungshaltung mache er nicht an der Öffentlichkeit fest, sagt der Bundestrainer, was durchaus nachvollzogen werden kann. Folglich stelle sich ihm auch nicht die Frage, ob er einen solchen Druck verspüre, geschweige denn, damit auf irgendeine Weise umgehen zu müssen. Der Chefcoach hinterlässt glaubhaft den Eindruck, dass die Erwartungshaltung eher bei den Fans oder den Medien zu finden sei.

Wir fassen zusammen: Lahm, Neuer und Schweinsteiger werden in vorzeigbarem Zustand ihren Rhythmus finden, Khedira wird im Vollbesitz seiner Kräfte sein und ein glänzend aufgelegter Roman Weidenfeller wird gegen Kamerun am Sonntag in Mönchengladbach von Anfang an im Tor stehen. Ein afrikanischer Gegner war dem DFB extrem wichtig, weil man auch hier erwartet, eine Simulation für das Vorrundenspiel gegen Ghana durchführen zu können.

Aber, etwas Spekulation kann nicht ausbleiben, denn es werden noch drei Spieler zu benachrichtigen zu sein, dass sie kein Ticket für Brasilien bekommen werden. Noch einmal bekommen sie bis zum Länderspiel, vielleicht auch sogar im Spiel selbst, ein letztes Mal Gelegenheit, sich zu empfehlen. Wobei, sich zu empfehlen im deutschen Sprachgebrauch auch auf Verabschiedung hindeuten kann. Sprachlich wie sportlich ist also noch alles offen.

In Brasilien dabei oder nicht? Noch-Freiburger Matthias Ginter

In Brasilien dabei oder nicht? Noch-Freiburger Matthias Ginter

Für die “Freiburger Fraktion” (noch) oder die gelb-schwarze aus Dortmund (bald) stellt sich natürlich die Frage: ist Matthias Ginter schon reif für eine WM? Ich meine ja. Genauso reif wie alle hier im Trainingslager. Die Antwort darauf wird aber wohl am ehesten in der Prioritätenliste des Trainerstabs zu finden zu sein. Sprich: welche Systemoptionen bietet der Einsatz des einzelnen Spielers.

Von dieser Stelle jedenfalls “Boa sorte para Brasil”.

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