Vor 25 Jahren verwelkte die Rose…

Das politische und gesellschaftliche Vermächtnis von François Mitterrand – eine Einschätzung 25 Jahre nach seinem Tod.

François Mitterand war einer der herausragenden Politiker des letzten Jahrhunderts. Foto: Rob Croes / Anefo / Nationaal Archief / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Vor 25 Jahren ist François Mitterrand am 8. Januar 1996 gestorben. Er ist in die Geschichte eingegangen. Von 1981 bis 1995 war er nicht nur der erste sozialistische Präsident der V. Französischen Republik, sondern insbesondere der einzige, der dieses Amt jemals 14 Jahre lang innehatte.

Doch wer war Mitterand? Für welche Politik stand er? Wusste je jemand wirklich, was Mitterrand dachte? Nicht umsonst erhielt er den Spitznamen „Sphinx“, weil er sich seine Absichten nie anmerken ließ. Und insbesondere, wie war sein Verhältnis zu Deutschland?

Die Wahl François Mitterrands zum Präsidenten Frankreichs am 10. Mai 1981 war vor allen Dingen erstmal eine Riesenüberraschung. Vielleicht sogar für ihn selbst. Eigentlich waren die Meinungsumfragen eindeutig. Sie sahen klar Valery Giscard d’Estaing für eine zweite Amtszeit vorne.

Kaum gewählt, setzte er konsequent die Versprechen des sozialistischen Wahlprogramms um. Senkung des Rentenalters auf 60 Jahre, Einführung der 39-Stundenwoche, Einführung der Vermögenssteuer, Abschaffung der Todesstrafe.

François Mitterand dachte aber von Anfang auch an sein eigenes Vermächtnis. Mehrere Bauten in Paris werden für immer mit seinem Namen in Verbindung bleiben. Genannt seien nur die Glaspyramide am Eingang des Louvre, die Bastille-Oper und vor allen Dingen die viertürmige Nationalbibliothek.

In Deutschland war politisch sein langjähriger Partner der deutsche Kanzler Helmut Kohl. Der Augenblick wird uns immer in Erinnerung bleiben. Am 22. September 1984 gedenken François Mitterrand und Helmut Kohl des 70. Jahrestags der Schlacht von Verdun. Als die Marseillaise erklingt, streckt Mitterrand spontan Kohl die Hand hin und somit wurde dieser minutenlange Handschlag über den Totengräbern des 1. Weltkriegs zu einem wichtigen Symbol der Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland.

Die Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts standen jedoch in Osteuropa im Zeichen der Veränderung. Die Völker hinter dem Eisernen Vorhang wollten Freiheit und Wohlstand nicht nur am Fernsehen erleben, sondern selbst gestalten. Für diese Entwicklung hatte Mitterrand zunächst keine Vorstellungskraft und vor allen Dingen keine Vision. Insbesondere die historische Bedeutung des Berliner Mauerfalls am 9. November 1989 wusste er nicht einzuordnen.

Überzeugt, dass mit zwei Deutschlands Politik einfacher zu gestalten sei als mit einem vereinten (größeren) Deutschland, besuchte er demonstrativ als letztes Staatsoberhaupt im Dezember 1989 noch einmal die bereits zerfallende DDR, zum großen Missfallen der politischen Klasse Westdeutschlands und insbesondere von Kanzler Helmut Kohl. Der Verdacht besteht bis heute – Mitterrand wollte zu diesem Zeitpunkt mit allen Mitteln die deutsche Wiedervereinigung aufhalten oder zumindest erheblich verlangsamen.

Die daraus resultierenden Spannungen zwischen Mitterrand und Kohl milderten sich schließlich im Laufe des Jahres 1990. Beide einigten sich sowohl über die Errichtung einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, als auch die Weiterentwicklung der politischen Union. Der Vertrag von Maastricht wurde 1992 besiegelt und beschloss insbesondere bereits die Einführung des Euro im Jahre 2001.

Die Historiker sind immer noch dabei, das Vermächtnis von Mitterrand aufzuarbeiten. Die Archive öffnen sich langsam, immer mehr Dokumente werden zugänglich. Die Einordnung der Bedeutung Mitterands für die Geschichte Frankreichs, im Verhältnis zu Deutschland und der Entwicklung von Europa steht erst am Anfang.

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