Die Straßburg-Gegner starten eine neue Initiative

Die Initiative "Single Seat" arbeitet immer noch mit falschen Zahlen, um das Europäische Parlament den Brüsseler Lobbyisten zum Fraß vorzuwerfen. Foto: Kai Littmann

(KL) – Da hatten die europäischen Institutionen in den letzten Tagen ein paar gute, richtige und wichtige Entscheidungen getroffen, da passieren schon wieder die nächsten Aussetzer. Die Straßburg-Gegner, die gerne das Europäische Parlament entgegen der Europäischen Verträge vom Sitz in Straßburg in den Lobby-Moloch Brüssel verlagern würden, haben eine neue Initiative gestartet.

Unter dem Titel „Für ein effizienteres und verantwortungsvolleres Europäisches Parlament“ haben die üblichen Verdächtigen der „Single Seat“-Initiative ein Manifest veröffentlicht, in dem wie immer die falschen Zahlen stehen und mit dem die Initiatoren vermitteln wollen, dass sie nur das Beste für Europa wollen. Dabei geht es letztlich nur um die Bequemlichkeit der Abgeordneten, für die Brüssel eben etwas praktischer wäre. Ist klar, dann müssen sich ja auch die 20.000 in Brüssel streunenden Lobbyisten nicht mehr soviel bewegen.

Die Europaabgeordneten, die dieses Manifest unterzeichnen, haben offensichtlich zu viele Pathos-Pillen geschluckt. „Wenn ich im Mai 2014 zum Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt werde, verpflichte ich mich, für eine größere Effizienz zu arbeiten und das Ende des Abkommens über die drei Arbeitsorte des Europäischen Parlaments zu fordern, indem das Parlament einen einzigen und logischen Sitz erhält – in Brüssel.“ Großartig. Der erste Teil ist ja in Ordnung – die europäischen Abgeordneten dürfen gerne für mehr Effizienz arbeiten. Das haben sie in der letzten Legislaturperiode ja leider erst ganz am Ende getan, als es auf die Europawahlen zuging. Die zweite Selbstverpflichtung ist der Aufruf zum Verstoß gegen die Europäischen Verträge, die nicht etwa Brüssel, sondern Straßburg als Sitz des Europäischen Parlaments ausweisen.

Bedenklich ist ebenfalls, dass diese Initiative „Single Seat“ weiterhin mit falschen Zahlen arbeitet, die von den zwei Berichten des Vereins Junger Europäischer Unternehmer längst widerlegt wurden. Und zwar von den Zahlen, die vom Europäischen Parlament selbst zur Verfügung gestellt werden. So behaupten die Straßburg-Gegner nach wie vor, dass sich die Kosten für die drei Parlamentsstandorte (in Luxemburg befindet sich das Sekretariat) jährlich 180 Millionen Euro betragen und dass die Pendelei zwischen den Standorten einen jährlichen CO2-Ausstoß von 19.000 Tonnen verursacht. Nach den offiziellen Zahlen des Parlaments selbst belaufen sich die Kosten allerdings auf 51,5 Millionen Euro und der CO2-Ausstoß auf 3.250 Tonnen.

Für uns europäische Bürgerinnen und Bürger geht es nun darum, unsere einzige demokratisch gewählte Vertretung vor dem Lobbyisten-Sumpf Brüssel zu retten. Das Europa Brüssels, das sind Dossiers wie das TTIP, die Freigabe von genmanipulierten Lebensmitteln, die Weigerung, schärfere Grenzwerte für PKW-Emissionen einzuführen – kurz, das Europa der Großfinanz, der internationalen Konzerne und der Politik der grauen Herren hinter verschlossenen Türen. Das Europa Straßburgs, das ist die Ablehnung von ACTA!, die Forderung nach Datenschutz für europäische Bürger, die Förderung der sozialen Kohärenz in Europa.

Wir haben die Wahl. Immerhin wissen wir ja schon mal, wen wir Ende Mai auf keinen Fall wählen dürfen – sämtliche Unterzeichner dieses Manifests, also diejenigen, die den Europäern ihre einzig demokratisch gewählte Vertretung wegnehmen nun in den Rachen der Interessensvertreter der Märkte werfen wollen. Die einzigen, die das verhindern können, sind wir. Weswegen man wirklich auf jeden Fall bei der Europawahl wählen gehen sollte.

3 Kommentare zu Die Straßburg-Gegner starten eine neue Initiative

  1. Peter Cleiss // 5. April 2014 um 9:22 // Antworten

    Interessant wäre zu wissen, was die bisherigen Anstrengungen der Straßburg-Gegner uns gekostet haben – im Sinne einer Vollkostenberechnung ( wie viel Stunden haben da wie viele hochbezahlte Parlamentarier plus Mitarbeiter an einem Projekt sich abgearbeitet dass keinerlei Chancen hat realisiert zu werden) und dem gegenüber zu stellen was diese selben Parlamentarier im Sinne ihres Auftrags eigentlich gearbeitet haben.
    Und ich finde auch, dass wir alle wissen dürfen wer (Namen!) uns da auf diese Weise das Geld aus den Taschen zieht.

  2. Guter Gedanke, Peter, aber vermutlich kann das niemand mehr ermitteln, wie viele europäische Steuergelder die Straßburg-Gegner des “Single Seat” auf ihrem Kreuzzug gegen Straßburg und für ein von Lobbys regiertes Europa ausgegeben haben. Im Artikel befindet sich ein Link auf die Site von “Single Seat” und wer das Europäische Parlament in Straßburg retten möchte, findet auf dieser Site nur Namen, die man dann im Mai besser nicht wählen sollte…

  3. EP+EC = NATO = NSA?
    Die wichtige Frage.

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