Vor der Landtagswahl Baden-Württemberg

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann will es noch mal wissen.

Im März 2021 dürfte die Wahl für Winfried Kretschmann schwieriger werden als zuvor... Foto: Grüne Baden-Württemberg / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Auf dem digitalen Parteitag der ökologischen Partie DIE GRÜNEN Baden-Württemberg wurde am letzten Samstag der amtierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann wieder zum Spitzenkandidaten für die im nächsten Frühjahr stattfindende Landtagswahl gewählt. Im stolzen Alter von 72 Jahren. Mit glatten 91,5 Prozent.

Eine Überraschung war es nicht mehr. Bereits im Herbst 2019 kündigte Kretschmann an, noch einmal für eine dritte Amtszeit kandidieren zu wollen. Interessanterweise erklärte er seine Bewerbung zu allererst in einem „Brief an die Bürger und Bürgerinnen des Landes“.

Zuvor war lange über seine Absichten gerätselt worden. Kretschmann selbst sprach von „inneren Kämpfen“, die er mit sich ausgetragen habe. Schließlich stellte er fest, dass es entscheidend sei, ob man dem Amt körperlich und geistig gewachsen sei“, was er trotz seines Alters für sich selbst ausdrücklich bejahte.

Kretschmann ist Ministerpräsident seit 2011. Als erster GRÜNER in der gesamten Republik. In der ersten Amtszeit koalierte er mit den Sozialdemokraten (SPD), seit 2016 mit den Christdemokraten (CDU).

Es gelang den GRÜNEN damals die Christdemokraten nach mehr als sechs Jahrzehnten an der Regierung abzulösen. Der gesellschaftliche Kontext rief nach einem Wechsel. Der Protest gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 eskalierte, die Atomkatastrophe in Fukushima zeigte, dass man Natur einfach nicht vorausberechnen kann.

Kaum im Amt, stiegen seine Popularitätswerte ins Unermessliche. Jahrelang war Kretschmann der beliebteste Ministerpräsident in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Werte verstanden sich eher in der sympathischen und verständlichen Art, mit der Kretschmann Politik darlegte, als in der Umsetzung der Prinzipien grüner Politik.

„Was ist an Kretschmann grün?“ ist daher die Frage, die dem amtierenden Ministerpräsidenten wahrscheinlich am häufigsten in den nächsten Monaten gestellt werden wird. Maghreb-Staaten hielt er für sichere Herkunftsländer, die Zielsetzung für Elektroautos beäugte er kritisch. Solch eine Haltung brachte ihn auch immer wieder in Konflikt mit seinen Parteioberen in Berlin.

Kretschmann rechtfertigt sich mit eher allgemein klingenden Sätzen wie: „Ich bin durch und durch grün. Umweltfragen sind Menschheitsfragen. Grün bedeutet, die Natur in der politischen Gestaltung in den Mittelpunkt zu rücken.“ Er ist bekannt dafür, dass er für eine Politik steht, die zwar grüne Akzente setzt, aber das Land nicht fundamental verändert.

Diese vorsichtige Herangehensweise brachte ihm in der Tat auch Sympathien bei konservativen Wählern. Doch reicht es, um auch in Zukunft gerade die jungen Wähler weiter grün wählen zu lassen? Die Vorzeichen stehen auf bedenklich.

Vor kurzem gehaltene Oberbürgermeisterwahlen fielen für DIE GRÜNEN nicht glücklich aus. Im Gegenteil. In Konstanz, Freiburg und kürzlich in Stuttgart wurden grüne Amtsinhaber aus dem Rathaus gejagt. Das Beispiel in Stuttgart zeigte es deutlich. Ökoaktivisten wie „Fridays for Future“ oder die baden-württembergische „Klimaliste“ empfahlen nicht DIE GRÜNEN-Kandidatin zu wählen, sondern den Bewerber vom einem alternativen linksorientierten Bündnis.

Das Erfolgsrezept von 2016, mit einem auf den jetzt 72-jährigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zugeschnittenen Wahlkampf punkten zu wollen, droht in 2021 nicht mehr aufzugehen. Nach den Rathäusern im Ländle riskieren DIE GRÜNEN auch die Macht im Land Baden-Württemberg zu verlieren. Am Abend des 14. März 2021 werden wir es wissen.

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