Vorsicht, Falle!

Die Stimmung auf der Weltbühne wird immer schroffer. Und die Regierungen sind dabei, etwas zu stimulieren, was eigentlich schon längst überwunden war – den Hass zwischen den Völkern.

Die Spinnweben am Mündungsrohr dieser Panzerhaubitze sollten ein Symbol sein - doch die Kriegstreiber sind schon wieder unterwegs. Foto: Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Perfide Briten! Verdammte Nazi-Deutsche! Blöde Italiener! Arrogante Franzosen! – das sind momentan die Bilder, die durch die Sozialen Netzwerke und sogar anerkannte Medien geistern. Wie bitte? Hatten wir diesen diffusen Hass auf andere Völker nicht schon längst überwunden? Doch, hatten wir, bis die hohe Politik entdeckte, dass man durch einen neu stimulierten Hass zwischen den Völkern vom eigenen Versagen in der Innenpolitik ablenken kann. Doch ein Blick in die Geschichte dieses Kontinents zeigt, dass das Stimulieren von Hass, das Herabwürdigen anderer Völker und das Schaffen von gegenseitigem Misstrauen immer nur zu einem geführt haben – zu Krieg. Und auf diesem Weg sind wir heute wieder und leider deutlich weiter, als das mancher wahrhaben will.

Ha!, sagen viele, so ein Quatsch! Wir haben doch aus der Geschichte gelernt – bei uns kann sich so etwas nicht wiederholen. Doch das ist eine Fehleinschätzung, denn der nächste Krieg läuft bereits. Nicht mit Panzern und Soldaten in Uniform, die sich gegenseitig auf dem Schlachtfeld umbringen. Der aktuelle Krieg ist wesentlich subtiler, da er auf wirtschaftlicher Ebene ausgetragen wird. Die Manipulationen sind allgegenwärtig und werden von allen betrieben. Was wir in Europa mitbekommen, ist natürlich nur die europäische Sichtweise – in Russland, in China oder den USA haben sie ihr eigenes Narrativ, das genauso aussieht wie unseres, nur andersherum.

Beispiele für diesen „neuen Hass“ zwischen den Völkern gibt es leider mehr als genug. Als vor wenigen Tagen die Leiche eines in Italien beim Wandern verunglückten Wanderers (der einen gefährlichen Wanderweg in den Bergen alleine und bei schlechtesten Wetterbedingungen gewagt hatte) aus Frankreich erst nach Tagen aus unzugänglichem Gelände geborgen wurde, gab es zahlreiche Kommentare in den Sozialen Netzwerken, die suggerierten, „die Italiener“ hätten sich keine Mühe bei der Suche des abgestürzten Wanderers gegeben, eben, weil dieser Franzose war. Das Schlimmste an solchen Aussagen ist, dass es Menschen gibt, bei denen so etwas verfängt.

Der Hass auf andere war immer schon ein beliebtes Mittel, um von innenpolitischen Krisen abzulenken. Ein gutes Beispiel hierfür war der Falkland-Krieg 1982, als sowohl die argentinische Militärjunta unter General Galtieri als auch Margret Thatcher derart unter innenpolitischem Druck standen, dass sie sich fast einvernehmlich in diesen seltsamen Krieg stürzten, bei dem die Kampfhandlungen wie zufällig zur besten Sendezeit der Abendnachrichten stattfanden und in beiden Ländern dieses kriegerische Hochgefühl auslösten, das von allen innenpolitischen Spannungen ablenkt. Das ist fast logisch, denn durch einen solchen Krieg gibt es plötzlich ein übergeordnetes Thema, das automatisch zu einem nationalen Schulterschluss führt. Ist das heute auch der Fall, wo viele Regierungen den Hass auf andere Völker schüren?

Warum titeln deutsche Boulevardblätter „Kein Geld mehr für faule Griechen!“, obwohl das griechische Volk (dessen Wochenarbeitszeit übrigens deutlich über der in Deutschland liegt) weder faul ist, noch viel Einfluss auf die griechische Politik hat, die in erster Linie in Brüssel und dann ein wenig in Athen bestimmt wird? Warum spricht der französische Präsident Emmanuel Macron „den Italienern“ den Humanismus ab, wenn der rechtsextreme Innenminister seine Häfen für Rettungsschiffe schließt (was Macron übrigens selber genauso gehandhabt hat)? Warum werden permanent Völker mit den Aktionen ihrer Regierungen assoziiert? Warum dieser Hass?

In einer Zeit, in der Wahlen in erster Linie von den Enthaltungen und Nichtwählern entschieden werden, ist die Gleichsetzung „Regierung = Volk“ völlig falsch. Wenn heute ein Regierungschef von 25% der Wahlberechtigen gewählt wird, dann ist das schon ein Spitzenergebnis. Das Problem ist also die schweigende Mehrheit. Das Problem sind diejenigen, die durch ihr Verhalten letztlich alles autorisieren, was uns und anderen das Leben schwer macht.

Doch all das ist nicht neu, sondern lediglich ein „Remake“ geschichtlicher Ereignisse, die eigentlich alle kennen sollten, die je eine Schule von innen gesehen haben. Wie war es denn 1914, als die Propaganda den Deutschen, Franzosen und Briten eingeredet hat, dass sich alle gegenseitig hassen? Als diese Propaganda dann endlich griff, zogen sie in allen Ländern mit „Hurra!“ aufs Schlachtfeld, um dort ihr Leben unter den Kugeln zu verlieren, von denen viele nach einem Patent der Firma Krupp hergestellt worden waren. Am Ende des Kriegs schickte Krupp dafür England eine saftige Rechnung. Soviel zum Thema Nationalismus und der Frage, wem eigentlich Kriege nützen…

Nein, die Völker hassen sich nicht, nicht in einem geeinten Europa der Völker. Wir wollen am Ende des Tages alle das gleiche – in Frieden und Sicherheit leben, genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf und keine Angst vor der Zukunft haben. Wir haben gemeinsam studiert, wir kommunizieren über Grenzen hinweg und wir müssen mächtig aufpassen, nicht in die Falle zu stolpern, die uns die Regierungen stellen. Denn von Kriegen, gleich welcher Art, profitieren am Ende nur die Krupps dieser Welt. Es ist noch nicht zu spät, aber die Entwicklung geht eindeutig in eine gefährliche Richtung.

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