“Votationen” nach Schweizer Vorbild?

Die „Collectivité européenne d’Alsace“, also der Generalrat der fusionierten beiden elsässischen Departements, will künftig „Votationen“ nach dem Vorbild der Schweiz organisieren.

Frédéric Bierry ist der neue (und alte) Präsident der CeA. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Nach der Regional- und Departementswahl vom letzten Sonntag ist nun der neu gewählte Rat der „Collectivité européenne d’Alsace“ (CeA) zusammengetreten und hat erwartungsgemäß den bisherigen Amtsinhaber Frédéric Bierry zu seinem Präsidenten gewählt. Der Rat besteht überwiegend aus konservativen Abgeordneten, wobei bemerkenswert ist, dass es kein einziger rechtsextremer Kandidat in den Rat der CeA geschafft hat. Bei seiner Antrittsrede überraschte Präsident Bierry mit einigen Neuerungen.

Die erste Überraschung war die Ankündigung von „Votationen“, also Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild, unter anderem über den Verbleib des Elsass in der Region Grand Est. Dieses Vorhaben ist erstaunlich, gießt Bierry damit Öl ins Feuer der Regionalisten zu einer Frage, die weder durch die CeA, noch per Volksabstimmung entschieden werden kann.

Auch zu anderen Themen will Frédéric Bierry Volkes Stimme hören – beispielsweise zur Lagerung der hochgiftigen Abfälle des Unternehmens „Stocamine“, oder aber zur geplanten LKW-Maut, die künftig im Elsass gelten soll. Hier wäre im Zweifelsfall zunächst eine genauere Abgrenzung der Zuständigkeiten im französischen Verwaltungs-Wirrwarr erforderlich, denn zwischen dem Zentralstaat, der Region Grand Est, der CeA und den lokalen Verwaltungen ist nicht immer klar, wer wofür zuständig ist. So stellt sich die Frage, was eine „Votation“ über einen möglichen Austritt aus der Region Grand Est wirklich bringen kann – das Elsass kann gar nicht alleine und für sich entscheiden, künftig nicht mehr zu dieser Region zu gehören und Präsident Macron hat bereits mehrfach deutlich gemacht, dass er keinesfalls die Gebietsreform von 2016 rückgängig machen wird.

Dort, wo die CeA in nächster Zukunft konkrete Akzente setzen will und kann, ist vor allem im Wiederanlauf der Wirtschaft im Elsass, im sozialen Bereich und in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Wie ernst es dieser neuen Einheit mit diesen Themen ist, sieht man seit dem 2. Januar 2021, als die CeA offiziell aus der Taufe gehoben wurde und sofort anfing, sehr konkret zu arbeiten.

Dass die Opposition im neuen Rat der CeA nur sehr spärlich vertreten ist, macht eigentlich keinen großen Unterschied. Die ersten sechs Monate haben gezeigt, dass die CeA einen sehr kollegialen Umgang zwischen Exekutive und Opposition pflegt, dass Präsident Bierry ohne Probleme auch gute Initiativen der Opposition übernimmt und dass diese umgekehrt die Projekte der CeA mitträgt. So entsteht der positive Eindruck, dass die CeA tatsächlich im Interesse des Elsass und der Elsässer arbeitet.

Ob die geplanten „Votationen“ überhaupt rechtmäßig und verfassungskonform sind, werden die Juristen zu klären haben. Aber erst einmal heißt es jetzt, die Ärmel hochzukrempeln und mit der Arbeit durchzustarten und genau das wird die CeA nun auch tun. Der neue Rat der CeA reflektiert viel Stabilität und die fusionierte Departements-Verwaltung ist ein hervorragendes Instrument, um das Elsass zukunftsfähig aufzustellen. Und das wird jetzt auch passieren.

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