Währenddessen in Köln am Rhein…
Die Welt gedachte gestern der 20 Millionen Opfer des I. Weltkriegs, einen Tag nach dem Gedenken an die Reichspogromnacht. Und Köln? Feierte Karneval.
(KL) – Wie peinlich ist das denn? Während sich die Welt in stillem Andenken der 20 Millionen Opfer des I. Weltkriegs erinnert, hat man in Köln nichts anderes zu tun, als pünktlich am 11.11. um 11:11 Uhr den Karneval mit einem großen Massenbesäufnis einzuläuten. Sind Kölner Jecken nicht in der Lage Zeitung zu lesen und vielleicht an einem so historischen Darum einmal den Start in die 5. Jahrestag vielleicht um einen Tag zu verschieben? Vielleicht ein klein wenig aus Respekt vor 20 Millionen Menschen, die keine ausreichende Gelegenheit hatten, so ausgelassen zu feiern?
Dass der Karneval im Rheinischen mehr ist als nur ein Straßenfest, das ist bekannt. Der Rheinische Karneval, der urkundlich bereits ab dem 14. Jahrhundert erwähnt wurde (und zwar durch den Beschluss des Kölner Stadtrats vom 5. März 1341, kein öffentliches Geld mehr dafür bereitzustellen), das ist Tradition, Lebensfreude, Identität. Geschenkt. Das will den Rheinländern niemand nehmen. Aber dieses Jahr ist der 11.11. ein besonderes Datum. Es ist nämlich der Tag, an dem vor 100 Jahren der I. Weltkrieg endete. Wisst Ihr, einer der beiden großen Kriege, die Deutschland im letzten Jahrhundert losgetreten hatte und bei dem rund 20 Millionen Menschen ihr Leben verloren.
Zu diesem besonderen Datum fanden überall auf der Welt Gedenkveranstaltungen statt. So trafen sich in Paris Trump, Putin, Merkel, Macron, Erdogan, Trudeau, Nethanjahu und ein paar Freunde, um gemeinsam dieses fürchterlichen Kriegs und seiner Opfer zu gedenken. Klar, das konntet ihr Kölner Jecken nicht mitbekommen, denn zum gleichen Zeitpunkt wart ihr schon halb betrunken und musstet Bützchen verteilen. Euch Jecken kann man kaum einen Vorwurf machen – aber denjenigen, die an diesem Tag Ringelpietz mit Anfassen organisieren, statt sich dem weltweiten Gedenken an den von Deutschland verursachten Horror anzuschließen.
Die Feierlichkeiten und hoch emotionalen Debatten rund um den 100. Jahrestag haben vor allem eines gezeigt: die Wichtigkeit der Gedächtnisarbeit. Während man in Frankreich vor lauter patriotischer Begeisterung sogar den späteren Nazi-Kollaborateur Marschall Pétain kurzerhand zum Nationalhelden und „Sieger von Verdun“ verklärte (dabei sind sich die französischen Historiker einig, dass der Mann auch im I. Weltkrieg ein ziemlicher Versager war…), feiert man in Deutschland Karneval. Beides zeigt, dass man die historischen Lektionen der Weltkriege nicht verstanden hat. Und dass es wichtig ist, dass im Geschichtsunterricht diese Themen anders, intensiver und analytischer behandelt werden müssen. Die einen sollten etwas objektiver und wissenschaftlicher, die anderen etwas weniger gleichgültig werden.
Und damit haben die rheinischen Jecken eines gewonnen – die Goldene Zitrone des 11. November 1918. Eigentlich hatten alle damit gerechnet, dass Donald Trump den Vogel abschießen würde, aber so peinlich wie ihr hat sich nicht mal der amerikanische Präsident gestern an diesem historischen Datum aufgeführt. Richtig, richtig peinlich.
Eine Frage: Trägt Deutschland die alleinige Schuld am Entstehen des Ersten Weltkriegs?
Mit freundlichen Grüßen
Bertrand Linder
Ist das ein Grund, sich zu besaufen und Party zu machen, während sich andere vor den 20 Millionen Opfern dieses Kriegs verneigen?